Bildungsbericht: Herkunft entscheidet weiter stark die Schullaufbahn

Die Presse/Clemens Fabry
  • Drucken

Selbst bei gleicher Leistung besuchen Kinder aus unteren sozialen Schichten nach der Volksschule seltener AHS-Unterstufen oder maturaführende Schulen.

Die soziale Herkunft bestimmt weiter stark die Schullaufbahn. Einerseits erbringen Kinder aus unteren sozialen Schichten tendenziell schlechtere Leistungen und besuchen daher seltener AHS-Unterstufen bzw. später maturaführende Schulen. Aber auch bei gleicher Leistung gehen sie weitaus seltener auf eine formal höhere Schule als Akademikerkinder, zeigt der neue Nationale Bildungsbericht. Die soziale Ungleichheit ist sogar stärker durch leistungsunabhängige Faktoren bedingt.

Derzeit treten laut dem am Donnerstag ans Parlament gehenden, alle drei Jahre erscheinenden Bericht nach der Volksschule 38 Prozent der Kinder in eine AHS-Unterstufe über. Der Anteil von Akademikerkindern in der AHS-Unterstufe beträgt allerdings 50 Prozent, während jener von Kindern von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss nur bei drei Prozent liegt.

Nach der Sekundarstufe 1 (v.a. AHS-Unterstufe bzw. Mittelschule) besuchen 27 Prozent eine AHS-Oberstufe und 33 Prozent eine berufsbildende höhere Schule (BHS). Der Anteil von Akademikerkindern in der AHS-Oberstufe liegt bei 53 Prozent, jener von Kindern von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss nur bei vier Prozent. In der BHS stellen Akademikerkinder 28 Prozent, Kinder von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss sieben Prozent.

APA

Zwei Gründe für Schuldwegentscheidungen

Die Gründe für die unterschiedlichen Schulwegentscheidungen lassen sich laut Bericht in zwei Gruppen unterteilen: Kinder aus schwächeren sozialen bzw. bildungsferneren Schichten erbringen auch schlechtere Leistungen - daher schaffen sie es seltener in eine AHS-Unterstufe bzw. später eine maturaführende Schule (primäre Ungleichheitseffekte). Aber auch bei gleicher Kompetenz gehen Kinder aus höheren Schichten wesentlich häufiger in formal höhere Schulen als jene aus unteren Schichten (sekundäre Effekte).

Mögliche Gründe dafür sind die unterschiedliche subjektive Einschätzung der Kosten des Schulbesuchs, die unterschiedliche Einschätzung der Chancen für den Erfolg in einer formal höheren Schule oder der Wert von Bildung an und für sich in der jeweiligen Gruppe.

Der Bericht widmet sich auch der digitalen Infrastruktur der Schulen: 74 Prozent der Volksschulen, 84 Prozent der (Neuen) Mittelschulen, 96 Prozent der AHS und praktisch alle berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) waren 2020 mit einem Internetzugang für Schüler ausgestattet.

Guter Internetzugang in Salzburg, Kärnten hinkt nach

In Salzburg haben 83 Prozent der Volksschulen einen Internetzugang für Schüler. Es folgen das Burgenland (80 Prozent), Wien (79 Prozent), die Steiermark (77 Prozent) und Tirol (75 Prozent). Unter dem Österreichschnitt liegen Oberösterreich (71 Prozent), Vorarlberg (70 Prozent), Kärnten (69 Prozent) und Niederösterreich (68 Prozent). Bei den (Neuen) Mittelschulen ist der Anteil in Tirol (91 Prozent) am höchsten, es folgen Salzburg (89 Prozent), Wien und Vorarlberg (je 87 Prozent) sowie die Steiermark (86 Prozent). Unter dem Österreichschnitt landen Nieder- und Oberösterreich (je 82 Prozent), das Burgenland (79 Prozent) und Kärnten (65 Prozent).

Allerdings ist der Zugang zum Teil beschränkt - etwa durch ein Passwort oder durch die Erfordernis der Aufsicht eines Erwachsenen bei der Nutzung. Mit steigendem Alter der Schüler wächst auch der Anteil der offenen Zugänge, wobei vor allem Wien stark auf diese Form setzt.

Experten empfehlen Ausbau der IT-Infrastruktur

In einem Beitrag im Bildungsbericht zum Thema Distance Learning empfehlen Wissenschafterinnen und Wissenschafter auch einen Ausbau der schulischen IT-Infrastruktur. Bei diesem Thema zeige sich aber das "bekannte Problem der unterschiedlichen Schulerhalter": Das Bildungsministerium könne nur Mittel für die Bundesschulen (AHS, BMHS) zu Verfügung stellen, die Pflichtschulen seien von der Bereitschaft für Investitionen der jeweiligen Schulgemeinde abhängig.

"Hier ist sicherzustellen, dass Unterschiede abgebaut und nachhaltige Lösungen geschaffen werden", heißt es weiter. "Alle Schulen müssen über eine solide und möglichst gleichwertige Grundausstattung verfügen." Bei der seit dem heurigen Schuljahr laufenden Ausstattung der Schüler mit digitalen Endgeräten in der Sekundarstufe I müsse die gesamte Schullaufbahn der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden. Schon in der Volksschule müsse also darauf vorbereitet und in der Auswahl der Geräte auch die Bedürfnisse für die Sekundarstufe II mitgedacht werden.

Weitere Empfehlung: Die Schulen sollten auch auf Open Source setzen. Im Zuge der Pandemie und dem damit verbundenen Bedarf an kurzfristigen und schnellen Softwarelösungen habe man sich an kommerzielle Anbieter gewendet, da diese eine stabile und vor allem betreute Lösung zur Verfügung stellen konnten. "Dies war kaum anders handzuhaben, allerdings sollte bedacht werden, dass dies nicht ein endgültiger Zustand sein sollte." Es braucht aber nun auch Raum für alternative Softwarelösungen. "Schüler/innen müssen sowohl Vor- als auch Nachteile von Software- und Hardwarelösungen kennen, um ausreichend auf eine variantenreiche digitalisierte Welt vorbereitet zu sein."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.