Die Welt bis gestern

Wie man mit Diktatoren umgeht

Hitlergruß für den britischen Premier, er winkt zurück. Neville Chamberlain war am 29. 9. 1938 zur Unterzeichnung des Abkommens in München.
Hitlergruß für den britischen Premier, er winkt zurück. Neville Chamberlain war am 29. 9. 1938 zur Unterzeichnung des Abkommens in München. Interfoto/Alamy Stock Photo
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Appeasement. Die Politik der 1930er-Jahre gilt heute als eine des großen Scheiterns. Was liberale Gesellschaften aus der Konfrontation mit autoritären Bewegungen lernen können.

William Shakespeare beschrieb in seinem Stück „Das Wintermärchen“ Böhmen als ein „Wüstenland am Meer“. Jahrhunderte später schien sich das Wissen um das mitteleuropäische Land nicht verbessert zu haben. Jan Masaryk, der tschechische Gesandte in London, war entsetzt: „Den Großteil der Zeit habe ich damit verbracht, den anwesenden Herren zu erklären, dass die Tschechoslowakei ein Land und keine ansteckende Krankheit ist.“ Doch im Sommer 1938, als Hitler sich anschickte, das Land mit Krieg zu überrollen, mussten die Briten plötzlich die Rolle von Experten und Vermittlern in Sachen dieses „weit entfernten Landes“ spielen. Sie merkten, dass sie an einem Abgrund standen, und beschlossen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um nicht hineinzustürzen.

Es war nicht das erste Mal, dass Großbritannien und Frankreich vor diesem Dilemma standen. Ein paar Monate zuvor, im März, hatte sich das Deutsche Reich Österreich einverleibt. Niemand kam dem souveränen Staat zu Hilfe. Sollte sich das wiederholen, wenn nun unter dem Vorwand der „Befreiung“ der sudetendeutschen Minderheit die Tschechoslowakei überfallen würde? Wieder dasselbe Dilemma: Auf der einen Seite drohte eine Blamage, auf der anderen der Schrecken eines Krieges, dessen Ausgang völlig ungewiss war. Man konnte aber auch nicht tatenlos zusehen. Denn es ging nicht nur um ein Territorium, sondern um den Endkampf zwischen dem Prinzip des Rechts und dem der Gewalt.

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