Außenpolitik

EU will Marinepräsenz zwischen Afrika und Indien

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SPAIN-UK-SOMALIA-EU-DEFENCE-PIRACY-BREXITAFP via Getty Images
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Seit 2018 versucht die Union, die Sicherheitszusammenarbeit mit den Nachbarstaaten Chinas zu vertiefen. Eine ständige EU-Marinemission im westlichen Indischen Ozean soll lebenswichtige Handelswege schützen.

Ein vorigen September unter geringem öffentlichen Interesse herausgegebenes Strategiedokument der EU könnte bald zu einer Entsendung von Flottenverbänden unter EU-Flagge in eine der geopolitisch heikelsten Regionen der Welt führen. Das Onlinemedium EU-Observer berichtete am Dienstag unter Berufung auf ein mit 19. Jänner datiertes Dokument des Auswärtigen Dienstes der EU, dass bereits mehrere Mitgliedstaaten zugesagt hätten, eigene Schiffe und Personal für eine sogenannte koordinierte maritime Präsenz im westlichen Abschnitt des Indischen Ozeans bereitstellen zu wollen. Es ginge dabei um eine Zone zwischen dem Roten Meer, Madagaskar, den Malediven und der Straße von Hormuz, die bis an die Hoheitsgewässer Indiens reichen würde (siehe Grafik). Der Einsatz von Marineeinheiten unter EU-Flagge wäre „eine gute Gelegenheit, den diplomatischen Einfluss der EU dort zu verstärken“, heißt es in dem Papier des Auswärtigen Dienstes. In erster Linie betreffe dies das Verhältnis zu Indien.

Am 16. September vorigen Jahres hatten der Auswärtige Dienst und die Europäische Kommission die eingangs erwähnte „Gemeinsame Mitteilung über die indopazifische Strategie der EU“ veröffentlicht. Das war ein Strategiepapier im Auftrag der Mitgliedstaaten, um die seit 2018 laufenden Bemühungen einer engeren sicherheitspolitischen Zusammenarbeit mit Indien, Indonesien, Japan, Singapur, Südkorea und Vietnam in konkrete Ergebnisse umzusetzen. All diese asiatischen Staaten eint die zusehende Konfliktträchtigkeit ihres Verhältnisses zur Volksrepublik China. Das kommunistische Regime beansprucht die Vorherrschaft über immer größere Teile des Pazifiks, und es weitet auch seine Marinepräsenz im Indischen Ozean aus.

EU will Sicherheitslücke füllen

Das gefährdet die Sicherheit der Schifffahrtsrouten in diesen Gewässern, denn die regionale Organisation Asean ist gespalten, warnten Ramon Pacheco Pardo und Nicola Leveringhaus vom King's College London voriges Jahr in einer Studie für den Forschungsdienst des Europäischen Parlaments: „Asean hat sich als widerstandsfähig erwiesen, aber auch als beschränkt in seiner Fähigkeit, dauerhafte Sicherheitsprobleme in der Region zu lösen, vor allem Streitigkeiten über das Südchinesische Meer.“ Das liege in erster Linie an Chinas hegemonialem Auftreten.

Auf diese ostasiatische Konfliktzone hat die EU realistischerweise keinen Zugriff, doch der westliche Abschnitt des Indik böte sich als Zone an, in der europäische Marineverbände in Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten für Sicherheit sorgen könnten. Das betonten Kommission und Auswärtiger Dienst auch in ihrem Strategiepapier: „Angesichts der Bedeutung einer bedeutenden europäischen Marinepräsenz im indopazifischen Raum wird die EU Wege erkunden, erweiterte Marineeinsätze ihrer Mitgliedstaaten in der Region sicherzustellen.“

Für die Europäer geht es hier um einen lebenswichtigen Raum, betonten Pardo und Leveringhaus in ihrer Studie: „Der EU-Binnenmarkt ist besonders abhängig von diesen Seeverbindungen, mehr noch als die USA. 75 Prozent der importierten Waren kommen auf dem Seeweg. Egal, ob man in Madrid oder Manila sitzt: Jegliche Störung im Zugang und der Nutzung dieser Gewässer hat Auswirkungen auf das tägliche Leben.“

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