RENAULT ALPINE A310
Fuhrpark der Polizei

Die schnellen Räder des Gesetzes

Es muss nicht immer Octavia sein – auch die Polizei feiert Sternstunden in ihrem Bewegungsapparat.

RENAULT ALPINE A110
RENAULT ALPINE A110

Jerry Cotton und sein Jaguar, James Bond im Aston, Sonny Crocket und der Testarossa (in Wahrheit ein Fake-Ferrari) – gibt es die großartigsten Polizeiautos immer nur auf Papier oder Zelluloid? Im Roman und Film lässt sich der gute Bulle halt leicht mit besserem Gerät ausstaffieren. Es gibt dort keine Finanzprokuratur, die ihm die Gaudi verleidet. Der gemeine Streifenpolizist kommt für gewöhnlich nur in Reichweite dieser Fahrzeuge, wenn ihm das Anhalten eines sündigen Verkehrteilnehmers in einem solchen gelingt. Wer kann’s ihm verdenken, dass er es dann genüsslich auskostet? So gesehen ist die Übergabe edler Hobel für den Polizeibetrieb ein Dienst am Personalcharakter – wer zwischendurch selbst im Premiumgefährt unterwegs ist, weiß um die Verführungskraft von eskalierendem Hubraum und gehobener Zylinderanzahl. Einem Gesinnungsgenossen gegenüber gibt man sich vielleicht weniger hartherzig, wenn er einem in die Radarfalle tappt.

1910 startet Österreichs Polizei in die motorisierte Moderne. Allerdings dienen die beiden Fiat ausschließlich als Dienstwagen für Polizeipräsidenten und Vorstand des Sicherheitsbüros. Die wachende Truppe ist weiterhin auf Fußbetrieb angewiesen. Auch die später angeschafften Mannschaftswagen ändern daran wenig, fordern aber Allroundtalente: Die Beamten müssen sie selbst warten und reparieren. Über die Sicherheitslage innerhalb Wiens gibt die Kilometerleistung der sogenannten Arrestantenwagen in den späten 1920er-Jahren Auskunft: Die Transporte von Delinquenten zwischen Polizeidienststellen, Gericht und Gefängnissen innerhalb der Stadt schlagen sich mit durchschnittlich 80.000 Jahreskilometern nieder.

»Ein grundsätzlich eher mau motorisierter Fuhrpark wird langfristig zum Makel.«



Nach dem Krieg findet auch die Polizei wieder einen Platz an der Sonne: Ab 1947 im Käfer-Cabrio, das genau genommen gar keines ist – wegen Devisenmangel werden bei VW nur sogenannte Typ-1- Plattformen geordert, eine halbwegs vorbildgerechte Cabrio-Karosse zimmern die Wiener Tatra-Werke darauf. 1955 passiert der technische Meilenstein, der bis heute namensgebend nachwirkt: Die ersten sechs VW-Käfer mit Sprechfunkgerät, Geburtsstunde der Funkstreife. Drei Jahre später der nächste Hightech-Hit: Blaulicht. Plus beleuchteter Tafel „Polizei“ – der Fortschritt ist nicht mehr aufzuhalten. Zu eilig darf er es damals aber auch nicht haben, die 25- PS-Käfer sind in der Motorisierungswelle der Wirtschaftswunderzeit eher Treibgut. Die Gendarmerie hält immerhin mit einzelnen Porsche 356 dagegen. Wenn schon sonst für nichts, waren sie zumindest für die Stimmung in der Truppe gut. Ganz sicher zumindest zum Ausleben der ewigen Corpsrivalität: dunkelgrüne Polizeiautos vs. weiße Gendarmeriewagen. Wer darin Passagier war, hatte auch damals schon andere Probleme.

(c) Volkswagen AG

So ein grundsätzlich eher mau motorisierter Fuhrpark wird aber langfristig zum Makel: Die Urlaubsschilderung vom feschen Carabiniere in schnittigen Alfa Romeo, mitternachtsblau mit roten und weißen Streifen gewandet – und zwar alle beide – knabbert am Selbstvertrauen des adipösen Dorfgendarmen im Filzmantel und brustschwachen VW. Seine französischen Kollegen stellen zeitgleich überhaupt die Kunststoff-Flunder Alpine in Dienst, die da gerade drauf und dran ist, der Rallye-Welt einen Haxen auszureißen. Perfektes Gegengift zur de Funes’schen Saint-Tropez-Leutseligkeit, die zeitgleich in 2CV oder Mehari dahertuckert. Die heimische Exe­kutive übt sich in der österreichischsten aller Disziplinen, der heroischen Stagnation – die Nibelungentreue zum Käfer hält bis ins Golf-Zeitalter. Eine „freie“ Ausschreibung zur Anschaffung von Polizeifahrzeugen aus den 1970er-Jahren nennt folgende Kriterien: luftgekühlter 4-Zylinder-Boxer-Heckmotor und Hinterradantrieb.

Etwas besser hat es lange die sogenannte Verkehrsabteilung in der Wiener Rossauerkaserne. Die Einzelstücke, mit denen andere Hersteller sich gerne als Auch-Ausrüster der Behörde präsentieren wollen, landen für gewöhnlich dort – als fahrbare Untersätze der Weißen Mäuse, wenn sie gerade einmal nicht mit dem Motorrad ausrücken. Bei deren damals natürlichem Feind, der umtriebigen Gemeinde der Vespa-Tuner, gilt in den 1980er-Jahren deswegen: sich sofort unsichtbar machen, wenn die Kiberer in etwas anderem als einem Golf anrücken.

Wer meint, in Italien wäre immer alles paletti gewesen, irrt aber auch. Die schöne Zwangbeglückung mit Fahrzeugen vom Staatsbetrieb Alfa Romeo wird filmisch demoliert: „The Italian Job“ sägt in den 1960er-Jahren an den technischen und fahrerischen Talenten der Polizia. Die frisierten Mini Cooper der Gangster kaufen den Giulias samt steuernder Romeos jede Schneid ab. Dass der ewige Feind Fiat dafür eingezahlt hat, ist nicht bewiesen. Geklaut wird im Film aber eine gewaltige Goldlieferung, die der Story nach ebenfalls den Turinern gehört. Sogar die hinterrücks mitmischende Mafia fährt zur Demonstration ihrer Überlegenheit gegenüber der Staatsmacht prompt Nobel-Fiats.

Wer eine Autoproduktion im Land hat, feiert sie aber grundsätzlich gern mit den eigenen Modellen in Uniform. Beim Patriotismus bilden die Briten naturgemäß nie die Ausnahme, dementsprechend setzen sie lange auf Rover. Mit einem wohligen V8 unter der Haube gelingt die Verbrechensbekämpfung auch unbewaffnet ziemlich lässig. Zumindest bis zum Umstieg vom ehrenwerten Modell P6 zum Hatchback-Nachfolger SD1. Der schaut gerade in der Jam-Sandwich-Lackerung (weiß-orange-weiß) extrem schnittig aus, die Fertigungsmängel begründen aber irgendwann den Spruch, Rover garantiere vor allem für die erfolgreiche Flucht von Gaunern.

Bei der heimischen Polizei lebt im Sommer 2006 die Porschetradition wieder auf, wenn auch nur zu Testzwecken. Just zeitgleich mit dem Tempo-160-Versuch auf der Tauernautobahn verrichtet ein für solche Bereiche äußerst passabler 911 Carrera für einige Monate seinen Dienst. BP-911 verschwindet ebenso wie die Tempo-Zone wieder. Ob sich notorische Glüher vom Schatten einer einzelnen Stuttgarter Stute auf gut 2000 Autobahnkilometern einschüchtern lassen, war sowieso nie ganz klar. 2017 startet dennoch ein weiterer Polizei-911 zur Charmeoffensive. Die Aussicht auf Dauereinsatz verhindern praktische Gründe: Im Elfer ist Platz für zwei Beamte oder das technische Standardequipment, aber nicht für beides.

Gewohnt entspannter sieht das die italienische Polizei: Bei der tut schon seit 2008 jeweils ein Lamborghini Dienst. Der Legende vom schneidigen Italo-Bullen tut der sicher gut, der heiße Renner aus Sant’Agata gibt aber auch aus edlem Anlass Gas: Das Video vom 600-PS-igen Transport einer Spenderniere zum Spital ist ein Youtube-Hit zum Lob von Polizia, Lamborghini und dem italienischen ­Gesundheits­wesen – es lebe der glückliche Empfänger. Die österreichische Variante gibt’s in „Muttertag“ zu sehen: Düringer auf dem Puchmoped, die Spenderniere im Postlertascherl.

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