Film

"Ballade von der weißen Kuh": Im Korsett Gottes

Maryam Moghaddam in "Ballade von der weißen Kuh".
Maryam Moghaddam in "Ballade von der weißen Kuh".(c) Filmladen
  • Drucken

Im iranischen Drama „Ballade von der weißen Kuh“ ringt eine Frau um Würde im System. Ab 4. 2. im Kino.

Ihnen sei leider ein Fehler unterlaufen, meint der Beamte zu Mina (Maryam Moghaddam). Ihr Ehemann, der vor einem Jahr wegen Mordes hingerichtet wurde, war offenbar unschuldig, der wahre Täter habe sich gestellt. Der Witwe stehe eine Entschädigung zu. Es war wohl Gottes Wille.

Das war es dann auch schon mit der Bereitschaft des autoritären Staates, für seine irreparablen Justizirrtümer Buße zu tun. Mina bleibt weiterhin auf sich allein gestellt, ihr Leben als Alleinerziehende ohne offizielle männliche Bezugsperson gleicht in der patriarchalen Gesellschaftsordnung des Iran oft einem Spießrutenlauf. Als ein Fremder bei ihr anklopft, der meint, er habe Schulden bei ihrem toten Gatten zu begleichen, zaudert sie. Woher kommt seine Großmut, seine Hilfsbereitschaft?

Geduldig und gemessen folgt das Drama „Ballade von der weißen Kuh“ der Annäherung dieser zwei Verlorenen. Reza (Alireza Sanifar) dient sich Mina und ihrer filmbegeisterten, taubstummen kleinen Tochter Bita vorsichtig als Wohltäter an. Früh ahnen wir, dass sein Motiv nicht ganz uneigennützig ist, was der Film bald bestätigt. Doch das Autorenfilm-Duo Behtash Sanaeeha und Maryam Moghaddam interessiert sich weniger für Spannungsmechanik als für moralische und politische Fragen. Kann jemand, der sich in einem ungerechten System schuldig gemacht hat, persönliche Wiedergutmachung leisten? Gibt es für Frauen im religiösen Sozialkorsett eine Möglichkeit, ihre Würde und Autonomie zu wahren?

Frauen kämpfen, Männer kiefeln

Das starke Spiel der Hauptdarstellerin Moghaddam spricht dafür. Erscheint sie hier doch in den beengenden Guckkästen glanzloser, zumeist statischer Kameraeinstellungen oft als einziger Hoffnungsfunke. Wenn sie etwa die Avancen ihres jovialen Schwagers abwehrt oder die alltäglichen Zumutungen erduldet, die ihr als Unverheirateter widerfahren. Und dennoch immer wieder neuen Mut fasst. Die Männer wirken indes resigniert oder zerknirscht, kaum fähig, echte Verantwortung für sich – geschweige denn für andere – zu übernehmen.

Der Filmtitel, der auf eine Koransure Bezug nimmt, wird über eine Traumsequenz verbildlicht. Hier erlaubt sich der Film, der 2021 bei der Berlinale lief, poetische Freiheiten. Wie auch an einer Stelle, in der die Hauptfigur ihr Kopftuch abnimmt. Rakhshan Banietemad (siehe Text links) musste hier 1998 noch mit Andeutungen vorliebnehmen. (and)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.