Louise Deininger in ihrem Atelier in einer ehemaligen Strickwarenfabrik in Floridsdorf. Hier malt sie, collagiert und tränkt alltägliche Objekte in Elefantendung, den sie aus Schönbrunn bekommt.
Kunst

Schwarz wird hier groß geschrieben: Nie war "Black Art" sichtbarer

International kann man es angesichts seiner starken Dynamik einen Trend nennen. Aber auch in Österreich sind Künstlerinnen und Künstler der afrikanischen Diaspora so präsent wie noch nie. „Die Presse“ hat einige von ihnen in Ateliers, Ausstellungen und Galerien besucht.

Zum dritten Mal hintereinander vertritt die USA auf der Biennale Venedig heuer eine afroamerikanische Künstlerin, Simone Leigh, nach Martin Puryear und Mark Bradford. Theaster Gates, vierter der aktuellen Artreview-Power-Liste, hat dieser Tage den renommierten Auftrag zur Gestaltung des Serpentine Pavilion in London umgesetzt – in einen Raum der tiefen Andacht, wie er sagt, eine „Black Chapel“. Das Guggenheim Museum in New York wird seit 2021 von der ersten Schwarzen Direktorin geführt, Naomi Beckwith. Und die Auktionshäuser reagieren mit eigenen Auktionen für westafrikanische Kunst auf die gestiegene Nachfrage.

Performance von Kensise Anders mit rosa Häkelmaske (l.). Die Flagge von Belinda Kazeem-Kamiński bezieht sich auf die Zurschaustellung von Westafrikanern in Wien 1896.
Performance von Kensise Anders mit rosa Häkelmaske (l.). Die Flagge von Belinda Kazeem-Kamiński bezieht sich auf die Zurschaustellung von Westafrikanern in Wien 1896.Axel Dauphin; Kazeem-Kamiński

Was auf den T-Shirts zu lesen war, die auf der Art Basel Miami vorigen Winter getragen wurden, scheint mittlerweile eher Status quo als Aktivismus: „Black Art Matters“. Die Black Lives Matter-Bewegung hat sich auf die bildende Kunst wie auf keine andere Kunstsparte ausgewirkt, hat die Entwicklung zu mehr Diversität in Ausstellungsprogrammen und bei Ankäufen rasant gesteigert. Als eine „afrikanische Renaissance“ hat der britisch-nigerianische Künstler Yinka Shonibare bezeichnet, was durch langjährige Aufbauarbeit auch von ihm jetzt durch die Decke geht – Stars der „Schwarzen Diaspora“ investierten in Kunstzentren in Afrika, verlegten Produktionsstätten dorthin, organisieren Artist-Residencies und Ausbildung für die Jungen etc.

Endlich auch in Österreich. Shonibare hatte erst vorigen Sommer seine erste große Museumsausstellung in Österreich, im Museum der Moderne Salzburg. Carrie Mae Weems, Nummer neun auf besagter Liste der einflussreichsten Kunst-Personen, gestaltete 2020 den Eisernen Vorhang der Staatsoper. So fing es an, dass sich endlich auch in Österreich die Entwicklung spiegelte: Noch nie waren Künstlerinnen und Künstler aus Afrika und der afrikanischen Diaspora hier derart sichtbar wie zurzeit. Im Kunsthaus Bregenz etwa, das die in Antwerpen lebende, 1974 in Nigeria geborene Otobong Nkanga in eine Art vierstrophiges Klagelied über die ausgebeutete, ausgedörrte Natur verwandelt hat. In dystopischen Lehmlandschaften scheint ein verkohlter Baum durch alle Stockwerke hindurchzuwachsen. Einzige Hoffnungsfenster darin sind Nkangas große, farbig leuchtende Tapisserien an den Wänden, die abstrakt, aber dennoch Unterwasserwelten darstellen.

Nicht vergangene Vergangenheit. Wer jetzt an afrikanisches Textilhandwerk denkt, denkt falsch, die Teppiche wurden mittels neuester Webtechnik in Lindau und einem Labor in den Niederlanden gefertigt. Bewusst diese Brücke nach Afrika über das Material schlägt dagegen Belinda Kazeem-Kamiński (*1980, Wien) in ihrer Ausstellung in der Kunsthalle Wien. Ein Erzählstrang hier basiert auf der Gruppe westafrikanischer „Performerinnen“, wie Kazeem-Kamiński sie nennt, die 1896 im Wiener Tiergarten als Attraktion „ausgestellt“ wurden. Peter Altenberg hat darüber berichtet, fantasiert und ein Mädchen fotografiert. Das ließ Kazeem-Kamiński von einem ghanaischen Flaggenmacher auf eine traditionelle Zeremonialflagge nähen, wie sie von kriegerischen Gemeinschaften als Insignien benutzt wurden.

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