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Stefan Brennsteiner: „Was wäre, wenn? Ich hasse solche Sätze“

Stefan Brennsteiner
Stefan Brennsteiner(c) REUTERS (ALESSANDRO GAROFALO)
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Marco Odermatt siegte im Olympia-RTL, und Stefan Brennsteiner war einmal mehr der Pechvogel. Über Konjunktiv, Einfädler, Verletzungen und Träume.

Yanqing. Auf dem eigentlich schon sicher scheinenden Weg zu einer Olympiamedaille im Riesentorlauf von Yanqing bekam Stefan Brennsteiner die Ski übers Kreuz und war damit chancenlos. Er verlor an Tempo, stand außerhalb der Strecke. Tapfer fuhr er den Lauf trotzdem noch zu Ende und reihte sich als 27. ein. Nach dem vor vier Jahren bei den Winterspielen in Pyeongchang erlittenen Kreuzbandriss hätte ein weiteres Skimärchen geschrieben werden können. Doch statt eines Happy Ends ist seine Leidensgeschichte um ein Kapitel reicher.

Enttäuschungen stellen sich bei Stefan Brennsteiner immer erst verspätet ein. „Was wäre, wenn. Ich hasse diesen Satz, er ist bei mir schon viel zu oft gekommen. Das Skifahren war ganz okay, der zweite Lauf war nicht das Gelbe vom Ei. Oben weg hat es sich nicht gut angefühlt, im Mittelteil war es eigentlich ganz gut. Dann verhaspel ich mich so blöd, bekomme die Ski deppert übers Kreuz“, analysierte der Salzburger im Schneetreiben am Fuße des „Ice River“ recht emotionslos seinen Lauf.

Vier Kreuzbandrisse später

Es sei Skisport, und man müsse das immer wieder relativieren. „Es tut zwar schon weh und ist Olympia und nur alle vier Jahre, aber nichtsdestoweniger gibt es viel schlimmere Sachen.“ Aus einem blöden Umstand heraus wollte es nicht klappen, denn es komme ihm nicht vor, als ob er einen großen Fehler gemacht habe. Er hoffe nun, dass er im Teambewerb „eine gute Rolle“ spielen werde. „Dass wir vielleicht ein versöhnliches Ende mit Olympia herbringen.“

Denn am 18. Februar 2018 wäre beinahe seine Karriere beendet gewesen. Im Olympia-RTL in Yongpyong riss er sich im Finallauf nach engagierter Fahrt bei einem Sturz das Kreuzband im rechten Knie. „Gleich nach der Verletzung war meine Einstellung, dass ich mir das sicher nicht mehr antue“, erinnerte der 30-Jährige. Zu oft hatte er das schon erlebt, es war sein vierter Kreuzbandriss. Doch nach der Operation in der Privatklinik Hochrum fasste er neuen Mut.

Die Verletzung passierte in einer Phase, als Brennsteiner das Gefühl hatte, erstmals in seiner Laufbahn in die Weltspitze vorzudringen zu können. Er hatte mit den Rängen 12 in Adelboden und 13 in Alta Badia die besten Weltcup-Ergebnisse geschafft. Nach dem Comeback fiel es ihm jedoch schwer, wieder Fuß zu fassen. Und im Februar 2020 kam der nächste Rückschlag: Im Parallel-RTL in Chamonix erlitt er eine Außenmeniskus- und Knorpelverletzung im linken Knie – und war schlicht erleichtert, dass es nicht wieder ein Kreuzbandriss war.

Und der Durchbruch?

Im Saisonfinish 2020/21 und unter Anleitung von Gruppentrainer Michael Pircher und Ferdinand Hirscher aus dem einstigen Marcel-Hirscher-Erfolgsgespann gelang Brennsteiner ergebnistechnisch dann doch noch der Durchbruch, mit zwei dritten, einem vierten und einem fünften Platz in den letzten vier Saisonrennen beendete er den Winter. Nun sei der Existenzdruck weg, meinte er erleichtert. Doch die aktuelle Saison begann durchwachsen, ein siebenter und ein zehnter Rang waren die besten Ergebnisse. Es fehlte nicht viel, um in Yanqing die Vergangenheit vergessen zu machen. Aber „Was wäre, wenn“ bringt Brennsteiner wie gesagt nicht weiter. Er nahm es eigentlich gelassen: „Das Gute ist, dass mein Skifahren wieder auf einem guten Level ist. Aber ich liege wieder daneben.“ (red.)

AUF EINEN BLICK

Marco Odermatt gewann den RTL von Yanqing in 2:09,35 Minuten. Der Schweizer setzte sich 0,19 Sekunden vor Žan Kranjec (SLO) und 1,34 Sek. vor Weltmeister Mathieu Faivre (FRA) durch.

Stefan Brennsteiner war Halbzeit-Zweiter, stürzte aber im 2. Durchgang und wurde 27. Bester Österreicher wurde Raphael Haaser als Elfter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2022)

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