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„Der Prinz von Bel-Air“ als Drama: Ein schwarzer Klassenkampf

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Ein Remake der 90er-Jahre-Sitcom mit Will Smith will nun deren ernste Themen herausarbeiten – und erzählt dabei nichts Neues, das aber umso deutlicher.

„In West Philadelphia born and raised / On the playground was where I spent most of my days . . .“: Wer in den 90er-Jahren fernsah, hat ihn vielleicht noch im Ohr, den verspielten Rap, mit dem Will Smith jede Folge von „Der Prinz von Bel-Air“ einleitete. Die Sitcom, die Smith vom Hip-Hop- zum Schauspielstar machte, erzählte zwischen 1990 und 1996 von einem Culture-Clash innerhalb einer afroamerikanischen Familie: Der mit der Coolness der Gosse (und den Herausforderungen der schwarzen Arbeiterklasse) vertraute Will beginnt ein neues Leben bei seinen reichen Verwandten im kalifornischen Villenviertel, nachdem er sich in der alten Heimat Schwierigkeiten eingehandelt hat. „I got in one little fight and my mom got scared“, heißt es im Titelrap, in der typischen Unbekümmertheit: Alles easy! Ein „Fresh Prince“ (so nannte sich Smith auch als Rapper) sucht sich halt ein neues Reich.

Aber Moment, dürfte sich der US-Kurzfilmemacher Morgan Cooper gedacht haben, ist diese Geschichte nicht eigentlich total dramatisch? 2019 stellte er einen dreiminütigen Clip auf YouTube, der sich als Trailer für eine düstere Version der Serie ausgibt, und der ihre unterliegenden Themen mit der heute üblichen Deutlichkeit benennt: Kriminalität, Gewalt, Rassismus, die eklatanten Klassenunterschiede in den USA, Identitätsfragen. Eine „brillante Idee“, fand Will Smith, als er das Video sah, und produzierte mit Cooper tatsächlich eine Neuauflage. „Bel-Air“ ist nun auf Sky zu sehen.

Raus aus der Zelle, rein in einen Palast

Jabari Banks spielt darin den Schüler Will, der über ein schnelles Mundwerk und eine gute Wurfhand beim Basketball verfügt, und beides einsetzt im Versuch, sich auf den Straßen seines geliebten West Philly zu behaupten. Das geht nicht gut: Plötzlich artet eine nächtliche Partie in Gewalt aus, und Will richtet eine Waffe auf einen unguten Drogendealer, als die Polizei eintrifft. Aus der Zelle führt ihn seine Mutter direkt zum Flughafen: Sie werde sicher nicht ihren Sohn begraben. Er muss weg.

Nicht nur in der Darstellung der harten Welt, aus der Will kommt, ist diese Hochglanz-Serie deutlich drastischer als einst die Sitcom (an die sie in vielen Anspielungen erinnert). Auch in der Zeichnung seines neuen Zuhauses: Das ist keine Villa, das ist ein Palast. Und mit Anpassungsschwierigkeiten hat hier nicht nur Will zu kämpfen. Onkel Phil betreibt eine Kampagne, um Staatsanwalt zu werden, doch bei seinem Aufstieg in die „besseren“ Kreise hat er den Anschluss zur afroamerikanischen Community verloren. Tochter Hilary, die sich seit ihrem Uni-Abbruch als Social-Media-Köchin versucht, lehnt ein prestigeträchtiges Jobangebot ab, weil sie ihre traditionellen Rezepte für ein weißes Publikum nicht entschärfen will. Mutter Vivian hadert indessen damit, ihre eigenen Träume einst aufgegeben zu haben, um sich einzufügen in der High Society – da kann ihr auch Michelle Obama, die sie gern um Rat bittet, nicht helfen.

Die Frage, wie sehr man sich und seiner Herkunft treu bleiben kann, wenn man sie hinter sich lässt, zieht sich durch die Serie. Über die unterschiedlichen schwarzen Lebenserfahrungen, die hier aufeinanderprallen, erzählt sie dennoch wenig Neues. Auch dramaturgisch wird auf ausgetretenen Pfaden getrampelt (wie oft will man einen Basketball-Matchkorb in letzter Sekunde noch als Spannungsmittel einsetzen?). Über weite Strecken wirkt „Bel-Air“ wie ein durchschnittliches High-School-Drama.

Carlton ist hier berechnend und aggressiv

Die meiste Laufzeit gilt den Revierkämpfen zwischen Will und seinem Cousin Carlton. In der Sitcom war dieser ein aufgeblasener Spießer, der weder von schwarzer Popkultur noch von Bürgerrechtsdebatten eine Ahnung hatte (was auf der Humor- wie auch auf der Diskursebene für Dynamik sorgte). Hier ist Carlton (Olly Sholotan) nun ein berechnender, aggressiver, Tabletten schnupfender Musterschüler - und bewusst unpolitisch. In einer Szene rappt seine Clique, in der er der einzige Schwarze ist, nach dem Lacrosse-Trainig in der Umkleidekabine munter einen Text voller „Nigger“-Nennungen. Woraufhin Will auszuckt: Weiße dürften das nicht aussprechen. Carlton kontert: „Es ist nur ein Wort!“

Solche Diskussionen wurden in „Der Prinz von Bel-Air“ vielleicht nicht so explizit geführt, aber auf einer subtileren Ebene erzählte die Sitcom damals schon viel, was auch im Lichte heutiger Rassismus-Debatten erstaunlich aktuell wirkt. „Bel-Air“ nennt nun zwar einiges beim Namen, vermag sonst aber nicht viel hinzuzufügen: Expliziter bedeutet eben nicht tiefgründiger.

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