Portugal: "Uns droht ein Ausschluss aus dem Euro"

Verschuldung. Die portugiesische Regierung versucht, ein striktes Sparprogramm durch das Parlament zu bringen.

Lissabon/rie. Nach Griechenland und Irland ist Portugal der nächste Kandidat, dem wegen seiner Finanzlage massive Probleme drohen. Doch die Regierung kämpft nicht nur mit der Verschuldung, sondern auch mit dem Plan, wie diese in den Griff zu bekommen ist: Denn die Opposition will die Sparpläne nicht mittragen.

Der portugiesische Außenminister Luis Amado griff nun am Wochenende zu dramatischen Worten, um den Druck auf die Oppositionsparteien zu erhöhen: „Uns droht der Ausschluss aus dem Euro, wenn kein parteiübergreifender Konsens für den Sanierungskurs gefunden wird“, warnte Amado in einem Interview mit der Wochenzeitschrift „Expresso“. „Das Land braucht eine Große Koalition, um die gegenwärtige Situation zu meistern“, meinte der Außenminister. Die Parteien müssten begreifen, dass die Alternative nur ein Ausstieg aus dem Euro sei. Diese Möglichkeit könne Portugal von den Märkten aufgezwungen werden.

„Investoren sollen Risiko mittragen“

Die sozialistische Regierung des Landes hat im Parlament keine Mehrheit und ist auf Stimmen der oppositionellen konservativen Sozialdemokraten angewiesen, denen auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso angehört. Nach langem Gezerre erzielten die beiden Parteien zuletzt eine Einigung über das Sparbudget für das kommende Jahr und verabschiedeten das Gesetz in erster Lesung. Doch nach der Nervosität im Vorfeld der ersten Parlamentsabstimmung behalten die Finanzmärkte die Lage genau im Blick, bis das entsprechende Gesetz am 24.November endgültig verabschiedet wird.

Das Vertrauen der Anleger in das hoch verschuldete Portugal hat jüngst auch unter der verworrenen Lage in Irland gelitten, wo nicht klar ist, ob das Land nun Hilfe von der EU in Anspruch nimmt.

Insgesamt sind die Märkte äußerst nervös, wie die drastischen Risikoaufschläge für Staatsanleihen zeigen. Nicht gerade beruhigend sind für die Märkte zudem die Diskussionen in der Politik über die Frage, wie es nach dem Ende der Sonderprogramme weitergehen soll (der 750 Mrd. Euro schwere Rettungsschirm der Europäer läuft 2013 aus). Dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schwebte eine Lösung vor, mit der die Investoren zur Kasse gebeten werden sollen.

„Wer hohe Risikoaufschläge auf Staatsanleihen kassiert, muss dieses Risiko künftig auch tragen, wenn es ernst wird“, lautete seine Leitlinie, die er noch vor einer Woche in einem „Spiegel“-Interview bekräftigte. Die Märkte reagierten panisch. Nun wurde in einer Erklärung aus Seoul versichert, neue Regelungen würden nicht für bisherige Anleihen gelten (siehe unten stehenden Bericht).

Der harte Schäuble-Ansatz dürfte beim Steuerzahler gut ankommen, weil dann im Ernstfall nicht allein der Staat, sondern auch private Investoren wie Banken und Versicherungen zur Kasse gebeten werden würden. Doch Kritiker warnen vor gravierenden Folgen. EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi schrieb in der „Zeit“: „Letztendlich würde genau das Gegenteil von dem erreicht werden, was ursprünglich beabsichtigt war: Spekulative Investoren würden sich die Situation zunutze machen, während viele Kleinsparer Schaden nähmen.“ Er sieht in einer solchen Vorgehensweise „das Rezept für ein Desaster“.

Juncker will Euro-Anleihe

Skeptisch ist auch der Chef der Euro-Finanzminister, Jean-Claude Juncker, der eine Debatte über eine gemeinsame Schuldenpolitik verlangt: „Ich hätte gerne, dass wir über Euro-Bonds (Euro-Anleihen) nachdenken.“ Das lehnt Deutschland bisher strikt ab, weil sich die Bundesrepublik derzeit allein viel preiswerter finanzieren kann als im Euroverbund.

Dass Anleiheninvestoren derzeit misstrauisch sind, spiegelt sich im Goldpreis wider, der mit mehr als 1400 Dollar pro Feinunze neue Rekordmarken erreicht hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2010)

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