Roman

Kein Mitleid mit sich selbst

Friederike Gösweiner schreibt über eine Akademikerfamilie, die einen Trauerfall verarbeiten muss. Von Lebenskonzepten, Entscheidungen und der Frage nach dem Glück.

„Sie war dabei, das Fenster zu öffnen, als sie ihn zu Boden gehen sah, dann hinter dem Auto liegen sah, auf dem Asphalt. Sie erschrak. So sah kein Sturz aus.“ Mit solch schöner Einfachheit beginnt Friederike Gösweiner ihren Roman „Regenbogenweiß“, in dem es um den Verlust des Ehemannes geht und darum, wie die Familie damit (nicht) fertig wird.

Neben der Witwe Marlene sind da noch zwei erwachsene Kinder: Die Literaturwissenschaftlerin Filippa will sich über Hölderlin habilitieren, pendelt zwischen Lehrveranstaltungen in Paris und London und versucht vergeblich schwanger zu werden. Ihr Bruder Bob ist jünger, ebenfalls Physiker, aber in Konkurrenz zum Vater ein Supertheoretiker der Loop-Quantengravitation. Die Geschwister entsprechen einander spiegelbildlich. Filippa lässt sich als „Go-Between“ zwischen Mutter und Robert missbrauchen, ist unfähig, sich von den Zumutungen der Welt abzugrenzen, und lebt in ständiger Überforderung. Dem Bruder dagegen, der alles rationalisiert, geht diese Empathie völlig ab. Die Männer dieses Buches sind also Naturwissenschaftler, während sich die Frauen in der „weicheren“ Literatur eingerichtet haben. Und natürlich haben die Männer entsprechend den Geschlechterrollen das Sagen, sofern sie sich überhaupt äußern. Bob zeigt sich nur selten zugänglich, am ehesten noch gegenüber den Reizen seiner holländischen Freundin Zoe und der kretischen Bekannten Kiki. Am normalsten ist noch Marlene, die trauert und auf Besuche oder Nachrichten ihrer Kinder wartet, um deren Karrieren sie sich sorgt.

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