Junge Forschung

Der richtige Schalter gegen Krebs

 Charlotte Zajc von der Boku Wien will mit ihrer Forschung das Risiko von individualisierten Krebstherapien senken.
Charlotte Zajc von der Boku Wien will mit ihrer Forschung das Risiko von individualisierten Krebstherapien senken.Die Presse/Clemens Fabry
  • Drucken

Die Biotechnologin Charlotte Zajc forscht an der Verbesserung der CAR-T-Zell-Therapie gegen Krebserkrankungen. Dazu entwickelt sie spezifische molekulare Kontrollwerkzeuge.

Vor zehn Jahren wurden erstmals Patientinnen und Patienten mit einer neuartigen Krebstherapie behandelt – der CAR-T-Zell-Therapie. Inzwischen sind einige dieser Therapien gegen Leukämien, Lymphome und Myelome zugelassen. Charlotte Zajc forscht im gemeinsamen Christian-Doppler-Labor der St.-Anna-Kinderkrebsforschung und der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien an CAR-T-Zellen der nächsten Generation. Sie will die Therapie verbessern und sicherer machen.

CAR-T-Zellen sind Immunzellen, die im Labor so verändert werden, dass sie Krebszellen im Körper erkennen. Zajc: „Das heißt, die Patienten werden immer mit ihren eigenen T-Zellen behandelt. Diese werden mit einem Rezeptor ausgestattet, und mit diesem können sie dann die Krebszellen aufspüren.“ Die auf diese Art und Weise individualisierte Krebstherapie ist nicht nur sehr teuer, sondern geht auch mit einigen Risken einher. „Die Zellen funktionieren zwar sehr gut, werden aber im Körper teilweise überaktiviert. Es kommt zu einer Immunreaktion, was bis hin zu Aufenthalten in der Intensivstation führen kann“, beschreibt die Forscherin eines der Probleme.

Forschung, die in der Praxis ankommt

„Bei unserem Hauptprojekt geht es um einen ON-Switch. Gemeint ist damit ein Proteinschalter, der in die CAR-T-Zellen eingebaut wird und den man durch die Zugabe eines Medikaments steuern kann.“ A1120 heißt das Medikament, das diesen besonderen Schalter aktiviert. Es wurde als Langzeittherapie für Insulinresistenz entwickelt. Die anderen beiden Schalterteile sind Proteine.

„Das menschliche Protein hRBP4 transportiert normalerweise Vitamin A und schwimmt bei uns allen zuhauf im Plasma herum“, sagt Zajc. „Das andere Protein haben wir so verändert, dass es nur bindet, wenn A1120 auch vorhanden ist. Also braucht man wirklich alle drei genannten Teile, damit der Schalter auch zusammengebaut ist.“

Für die Publikation, in der Zajc diesen Schalter beschreibt, hat sie im vergangenen Jahr den Life Science Award Austria der Österreichischen Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie in der Kategorie „Excellence and Societal Impact“ erhalten. „Es ist immer schön zu sehen, dass die Arbeit in der Fachwelt auf Anklang stößt“, kommentiert Zajc die Auszeichnung. Das sei unterm Strich viel mehr wert als ein publiziertes Paper, das womöglich auf wenig Resonanz stoße.

Ganz im Sinne ihrer ursprünglichen Motivation, in die Wissenschaft zu gehen und sich auf medizinische Biotechnologie zu spezialisieren, hofft die Forscherin darauf, dass der von ihr mit entwickelte Schalter irgendwann zum Nutzen der Patientinnen und Patienten eingesetzt werden kann. „Die aktuelle Studie ist der Grundstein. Das Prinzip funktioniert, es ist machbar und effizient genug.“ Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, wie sie betont: „Wir werden mehrere Schalter im Mausmodell testen und dann auch in klinischen Studien, damit man wirklich die beste Variante findet.“

Wandern, das den Kopf frei macht

Zur Person

Zajc selbst muss in den nächsten Wochen allerdings – vorübergehend – etwas kürzertreten, da sie im Mai ihr erstes Kind erwartet. Gänzlich von der Forschung abschalten wird sie aber wohl nicht können, meint sie: „Ich glaube, Forschung macht man aus Leidenschaft. Und dass man dann wirklich ein Jahr keine Publikation liest oder nicht die Augen und Ohren offen hält, was so im Feld geschieht, das ist fast unmöglich.“
Nichtsdestoweniger sei eine ausgleichende Freizeitgestaltung neben der Forschungsarbeit essenziell, damit „man wieder ein bisschen Luft bekommt“. Sie verbringt ihre freien Tage gern draußen beim Wandern und auf Klettersteigen oder beim Yoga. Die CAR-T-Zell-Therapie halte für die Zukunft jedenfalls noch viele Herausforderungen bereit: „Man weiß schon viel, aber ich glaube, der Teil, den man noch nicht kennt oder noch nicht genau erklären kann, der ist mindestens genauso groß.“Charlotte Zajc (31) studierte an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien Biotechnologie und begann schon für ihre Masterarbeit an CAR-T-Zellen zu forschen. Aktuell arbeitet sie als Postdoc im von der Boku gemeinsam mit der St.-Anna-Kinderkrebsforschung betriebenen interdisziplinären Christian-Doppler-Labor für CAR-T-Zellen der nächsten Generation. 2021 wurde Zajc für die Entwicklung eines molekularen Schalters mit dem Life Science Award ausgezeichnet.

Alle Beiträge unter:www.diepresse.com/jungeforschung

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.