Kommentar

Warum wird der Bevölkerung nicht einfach reiner Wein eingeschenkt?

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++ THEMENBILD ++ LOCKDOWN FUeR UNGEIMPFTEAPA/GEORG HOCHMUTH
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Die aktuelle Impfkampagne ist das jüngste Beispiel für eine nicht nachvollziehbare, beinahe irreführende Kommunikation.

Irgendwann Mitte Februar 2020 gaben der damalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober und andere Regierungsmitglieder eine Pressekonferenz. Thema waren unter anderem die ersten Covid-19-Verdachtsfälle in Europa. Gegen Ende fiel ein bemerkenswerter Satz: „In Österreich sind Sie sicher.“ Gemeint war, dass Infektionen in Österreich wegen Vorsichtsmaßnahmen wie etwa Kontrollen auf dem Flughafen nicht möglich seien. Wie konnte sich die Regierung da so sicher sein? Konnte sie natürlich nicht. Wenige Tage später wurden die ersten bestätigten Fälle gemeldet. Was folgte, war eine verhängnisvolle Serie an Fehleinschätzungen und Versprechungen, die sich als nicht einlösbar herausstellten und zu Irritationen in der Bevölkerung führten – nachhaltiger Vertrauensverlust inklusive.

Die jüngsten Beispiele sind das konsequente Leugnen der offensichtlichen Strategie der Durchseuchung sowie die aktuelle Impfkampagne („Geht sicher“), in der suggeriert wird, die Impfung schütze vor Übertragungen. Das ist schlichtweg falsch. Das konnte sie schon bei der Deltavariante nicht, geschweige denn bei Omikron. Sie schützt nicht einmal verlässlich vor symptomatischen Erkrankungen. Was sie aber sehr wohl verhindert, sind schwere Verläufe im Sinne von Spitalsaufenthalten. Somit erfüllt sie ihren Zweck und ist eine Erfolgsgeschichte. Warum kann nicht einfach diese Botschaft vermittelt werden?

Nach all den Erfahrungen und Rückschlägen der vergangenen zwei Jahre ist eine ehrliche Kommunikation doch das Mindeste, was von der Regierung erwartet werden kann. Wäre der Impfstoff ein gewöhnliches kommerzielles Produkt, das beworben wird, müsste beinahe über ein Verfahren wegen Irreführung nachgedacht werden. Was verstehen wir hier also nicht? Warum können manche Politiker der Bevölkerung nicht einfach die Wahrheit sagen? Denken sie, wir wollen sie nicht hören? Oder wir können damit nicht umgehen? Ist es etwas anderes? Das sind keine rhetorischen Fragen. Das ist Ratlosigkeit.

E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

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