Champions League

Bayern unter Druck: Nagelsmanns Nagelprobe

Julian Nagelsmann
Julian NagelsmannIMAGO/Ulrich Wagner
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Schon vor seiner Ankunft in München als Trainerstar gefeiert, muss sich Julian Nagelsmann nun beweisen. Scheitert Bayern an Villarreal, wäre er nicht mehr unumstritten.

Julian Nagelsmann will seine grantigen Münchner Stars von der Leine lassen. Vor dem Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen das erstaunlich widerspenstige FC Villarreal hielt der Coach des FC Bayern sein gereiztes Rudel  zwei, drei Tage  an der kurzen Leine, wie er bilderreich beschrieb. Heute Abend (21 Uhr, Sky Sport Austria) in der heimischen Allianz Arena vor 70.000 Fans sollen Thomas Müller und Co. aber den Auslauf in Richtung Königsklasse-Halbfinale mit dem erwarteten Kracher-Gegner FC Liverpool um Jürgen Klopp bekommen.

„Jetzt muss ich nur noch diese silberne Schnalle aufmachen“, kündigte Dompteur Nagelsmann nach viel Detailarbeit und Einzelgesprächen wie am Fließband an. Dass der deutsche Fußballrekordmeister unter Zugzwang ist, steht außer Frage. Manchmal sei ein „besonderer Reiz, ein besonderer Druck“ vonnöten, sagte Nagelsmann, „um auch eine besondere Leistung herauszukitzeln“. Der 34-Jährige verwies auf die Entstehung von Diamanten, die sich nur „unter sehr hohem Druck“ ausbilden. „Vielleicht entsteht morgen auch ein glänzendes Spiel.“

Erstes Qualitätskriterium der Münchner gegen den Europa-League-Sieger ist das Weiterkommen. Dafür müssen die Bayern ein 0:1 aufholen. Siegesgewiss präsentierte sich Torjäger Robert Lewandowski auf dem Trainingsplatz schon einmal mit dem Victory-Zeichen. „Wir haben im Hinspiel viele Fehler gemacht. Sie haben einen gemacht: dass sie uns am Leben gelassen haben. Und das sollten wir bestrafen“, kündigte Nagelsmann eine unmissverständliche Reaktion seiner zuletzt so rätselhaft schwankenden Mannschaft an. Mehr Intensität und Emotion wolle er sehen, ein „bisschen ekliger“ solle seine Mannschaft spielen.

Kein Platz für Sabitzer

Nationalspieler Niklas Süle wird als erhoffter Stabilisator der Abwehr nicht dabei sein. Der 26-Jährige fehlt wegen einer Grippe. Nagelsmann schloss einen Einsatz Süles auch am Wochenende in der Bundesliga bei Arminia Bielefeld aus. Dafür ist Weltmeister Lucas Hernández wieder einsatzbereit. Der Verteidiger hatte beim 1:0 gegen den FC Augsburg wegen einer Oberschenkelprellung gefehlt.

Der für seinen rund 30-minütigen Einsatz in der Bundesliga von Nagelsmann gelobte Marcel Sabitzer wird keinen Platz in der Startelf bekommen. Im Druck-Duell sollen Spieler beginnen, „die mehr Bayern-Identität haben, weil sie schon länger da sind“.

Die Führungsspieler in der Mannschaft sind gefordert. Von Lewandowski über Thomas Müller und Joshua Kimmich bis hin natürlich zu Manuel Neuer. „Mit uns ist nicht zu spaßen, wenn wir so ein Spiel wie in Villarreal 0:1 verloren haben. Das wurmt uns natürlich“, sagte der Torwart und Kapitän der Münchner. „Wir wollen uns von unserer besten Seite zeigen.“
Viel wurde im Vorfeld dieses Spiels über die Spieler gesprochen, tatsächlich steht aber natürlich auch Nagelsmann unter Beobachtung.

Nur Titel zählen

Schon bevor er vergangenen Sommer seine Arbeit in München aufgenommen hatte, wurde er als neuer Trainerstar an der Säbener Straße gefeiert. Mit ihm sollte der FC Bayern an seine Glanzzeiten anschließen.

Neben spektakulärem Fußball soll in der Ära Nagelsmann (Vertrag bis 2026) also möglichst auch das Maximum an Erfolg dabei herausschauen. Während der Klub in der Bundesliga – auch aufgrund der schwächelnden Konkurrenz – dem Meistertitel locker entgegen spaziert (neun Punkte Vorsprung auf Dortmund), ist die zweite nationale Titelchance bereits verloren (Aus in Runde zwei). Und einzig die Meisterschaft zu gewinnen, hat in München noch nie jemanden zufriedengestellt.

("Die Presse", Printausgabe 12.4.2022)

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