Ukraine

Die Festnahme von Wladimir Putins Mann in Kiew

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Der Geheimdienst spürte Viktor Medwedtschuk auf. Der langjährige Weggefährte des russischen Präsidenten stand unter Hausarrest in Kiew und floh in den ersten Tages des Krieges. Er galt als Vertreter russischer Interessen in der Ukraine.

Auf seinem Weg nach Transnistrien fand die Flucht von Viktor Medwedtschuk ein Ende. Dort, an der Grenze, sollten Wladimir Putins Agenten auf ihn warten, doch der ukrainische Geheimdienst kam ihnen zuvor. Es war Präsident Wolodymyr Selenskij selbst, der in sozialen Medien ein Bild Medwedtschuks veröffentlichte: Der abgeschlagen wirkende ukrainische Oligarch und Freund Putins sitzt auf einem Sessel und blickt zur Seite, er trägt eine Militäruniform, die Hände in Handschellen. „Du kannst ein prorussischer Politiker sein und jahrelang für den Aggressor arbeiten“, ließ der ukrainische Geheimdienst zusammen mit dem Bild verlauten, „aber wird dir das helfen, der Strafe zu entfliehen? Nein.“

Bis vor Kurzem stand Medwedtschuk unter Hausarrest in Kiew, doch in den Wirren der ersten Kriegstage gelang ihm die Flucht. Der 67-Jährige ist ein umtriebiger Geschäftsmann und Politiker, der als finanzieller und geistiger Unterstützer der prorussischen Separatisten im Osten des Landes galt; bisweilen trat er als offizieller Sprecher der „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk auf. Nach der russischen Annexion der Krim soll sich Medwedtschuk dort mittels undurchsichtiger Geschäfte bereichert haben. Unter anderem deswegen wurde er im vergangenen Jahr wegen Hochverrats angeklagt, zuletzt ließ Kiew Medwedtschuks Partei „Oppositionsplattform – Für das Leben“ verbieten.

APA/AFP/Instagram account of Selenskij

Medwedtschuk inszenierte sich in der Vergangenheit gern als Teil von Putins Entourage – und als Vertreter russischer Interessen in Kiew. Zudem soll Putin Patenonkel von Medwedtschuks jüngster Tochter sein, gemeinsame Urlaube und Besuche von Sportveranstaltungen sind dokumentiert. Dank seiner Kreml-Nähe und diverser Minen- und Ölgeschäfte sammelte der studierte Jurist ein Vermögen an. Medwedtschuks Jacht Royal Romance wurde erst vor Kurzem an der kroatischen Küste beschlagnahmt. In seiner Villa soll ukrainischen Medien zufolge der Nachbau einer nostalgischen Eisenbahnstation stehen, samt Waggons der alten luxuriösen Marke Pullman.

Die Vorboten des Angriffs

Zudem besaß Medwedtschuk vor dem Krieg mehrere TV-Stationen, die als Sprachrohr prorussischer Propaganda galten. Selenskij ließ sie verbieten, und als Kiew auch noch den Prozess wegen Hochverrats anstrengte, ließ die Antwort Putins nicht lang auf sich warten. Er schickte, vergangenes Jahr im Februar, einige Tausend Soldaten an die ukrainische Grenze – offiziell für eine Übung. Sie waren die ersten, später sollte die Zahl der Soldaten auf 100.000 ansteigen; die Vorboten des russischen Angriffs auf die Ukraine, wie das US-Magazin „Time“ analysiert.

Die USA haben den ukrainischen Oligarchen bereits im Jahr 2014 auf ihre Sanktionsliste gesetzt, nach der Annexion der Krim. Doch Medwedtschuks Name taucht auch in den Kontaktlisten von Paul Manafort auf, jenem Berater und Wahlkampfmanager von Ex-Präsident Donald Trump, der für ihn die Kontakte nach Moskau knüpfte und pflegte.

Der Kreml zweifelt

In einem Dienstagnacht veröffentlichten Videoclip bot Selenskij der russischen Seite an, den Oligarchen „für unsere Buben und Mädchen in eurer Gefangenschaft“ auszutauschen. Er bezog sich auch explizit auf Medwedtschuks Auftreten: „Wenn er Militäruniform trägt, dann gilt für ihn das Kriegsrecht.“ Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zweifelte indessen in einer ersten Stellungnahme die Authentizität jener Bilder an, die Medwedtschuks Festnahme zeigen.

(duö)

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