Renaissancetheater

Chamissos Story vom verlorenen Schatten

„Peter Schlemihls wundersame Geschichte“, solides Theater für Jugendliche ab elf.

Doppelgänger, Elixiere des Teufels, eine unheimlichen Träumen gleichende „Realität“: Rund um den 25. Juni wird in dieser Zeitung einiges darüber zu lesen sein, da jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag des Romantikers E.T.A. Hoffmann. Einer, der in Berlin ab 1813 zu seinem literarischen Zirkel zählte, war der französische Naturforscher und Dichter Adelbert von Chamisso, Kind einer nach der Französischen Revolution geflüchteten Grafenfamilie. 1814 erschien sein bekanntestes Werk, „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“: über einen jungen Mann, der in der Not seinen Schatten verkauft, nicht ahnend, dass er damit in der Welt zum Paria wird.

Auch der Schatten ist ja eine Spielart der dunklen Doppelgänger, von denen es in der Romantik gewimmelt hat. Im Wiener Renaissancetheater wird er von einem eigenen Schauspieler verkörpert. Visuell berückend sind die Kulissen, sie werden den unheimlichen, zauberhaften Verrückungen der Realität gerecht, die sich dazwischen abspielen. Inmitten eines auch sonst guten Ensembles treibt ein fabelhafter Teufel (Florian Stohr) von aalglatter Eleganz mit dem geborenen Loser Schlemihl sein Spiel (der Name Schlemihl steht im Jiddischen für einen Pechvogel). Der Autor Chamisso wird hier als Teil der eigenen Geschichte zu Schlemihls Helfer; diese Verschachtelung verlangt nicht nur dem jungen Publikum einiges ab. Viel geht es hier ums Anderssein, die Kraft der Liebe und den Kampf für das Gute: Es könnte schmissiger sein, sehenswert ist es trotzdem. (sim)

Noch bis 1. Mai. Wien 7, Neubaugasse 38.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2022)

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