Buch der Woche

Keiichirō Hirano: Wie Narziss sich heute fühlt

Gedankliche Dichtheit, federleichte Lesbarkeit: Keiichirō Hirano.
Gedankliche Dichtheit, federleichte Lesbarkeit: Keiichirō Hirano.(c) AFP via Getty Images (FRANCOIS GUILLOT)
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Der japanische Autor Keiichirō Hirano erzählt in seinem Roman „Das Leben eines Anderen“ von einem Rechtsanwalt, der einen Mann sucht, dessen Identität gestohlen wurde – während er sich selbst in einen anderen verwandeln will.

Die Geschichte des tragischen Narziss kennen wir alle: Unaufhörlich sitzt er über den Fluss gebeugt, betrachtet in scheinbar unendlicher Selbstverliebtheit sein eigenes Spiegelbild im Wasser und sehnt sich zugleich schmerzhaft danach, sich selbst „von seinem Leib zu trennen“, wie Ovid es in den „Metamorphosen“ beschrieben hat.

Wie lohnend es sein kann, in einer Zeit wie der unseren, die so sehr auf Individualität setzt, in der Identität zugleich aber als etwas sehr Fluides erscheint, den Mythos des Narziss literarisch neu zu denken, zeigt Keiichirō Hiranos Roman „Das Leben eines Anderen“, der, indem er direkt auf den Mythos des Narziss verweist, das Kernthema des Romans benennt: die ewig menschliche Sehnsucht nach Verwandlung – danach, buchstäblich ein anderer zu werden, die eigene Existenz einzutauschen gegen die eines anderen.

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