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Timing im Tagesgeschäft Fußball: Arbeitslos statt ÖFB-Teamchef

Abgang mit Stil: Adi Hütter ist in Mönchengladbach Geschichte.
Abgang mit Stil: Adi Hütter ist in Mönchengladbach Geschichte. (c) REUTERS (RALPH ORLOWSKI)
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Adi Hütter und Borussia Mönchengladbach gehen nach nur einer Saison getrennte Wege. Für den Teamchef-Posten kommt dieser Schritt allerdings zu spät.

Mönchengladbach/Wien. Timing ist vieles, manchmal sogar alles im Leben. Adi Hütter wird das bestätigen. Vor wenigen Wochen war der Vorarlberger noch als möglicher Nachfolger von Franco Foda als Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft gehandelt worden. ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel hatte mit dem Gladbach-Coach Kontakt aufgenommen, Hütter bestätigte das. „Man hat auch mit mir gesprochen. Ich habe das im Verein kommuniziert“, erklärte der Trainer-Legionär, der von einer „großen Ehre“ sprach. Nachsatz: „Aber das ist für mich überhaupt kein Thema. Ich habe hier in Mönchengladbach einen Vertrag.“

Zwei Wochen später ist die Situation eine gänzlich andere. Hütter und Mönchengladbach gehen nach einer enttäuschenden Saison (Platz zehn) getrennte Wege, man einigte sich auf eine einvernehmliche Lösung. Für den potenziellen Teamchef Hütter kommt dieser Schritt drei Wochen zu spät. Der ÖFB hat sich in der Zwischenzeit für Ralf Rangnick, bis Saisonende Trainer von Manchester United, entschieden.

Mit dem Wissen von heute, hätte die Wahl des ÖFB-Präsidiums im April durchaus auch auf Adi Hütter als künftigen Teamchef fallen können.

Missverständnis Hütter

Bei der Frage nach der Gladbacher Zukunft führt die Spur in die Vergangenheit. Der einstige Erfolgscoach der Borussen, Lucien Favre, gilt als heißer Anwärter auf die Nachfolge Hütters. „Wir müssen schon ein bisschen Geduld haben und erst einmal schauen, wer auf dem Markt ist“, sagte Vize-Präsident Rainer Bonhof. „Wir werden nicht morgen oder nächste Woche den Trainer präsentieren, man muss schon ein bisschen überschaubare Geduld haben“, erklärte der Weltmeister von 1974 nach dem 5:1 im letzten Saisonspiel gegen Hoffenheim.

Mit der Trennung von Hütter endete auch der zweite Versuch vorzeitig, auf der Cheftrainerposition einen Weiterentwickler langfristig zu etablieren. Beide vom ehemaligen Sportdirektor Max Eberl eingeleiteten Fälle kosteten den Klub viel Geld und brachten wenig Entwicklung.

Hütters Abschied kam nicht überraschend, aber dann doch sehr plötzlich. „Die finale Entscheidung fiel am Freitag“, erklärte der Coach. Die Gespräche liefen schon länger. Die eigentlich auf drei Jahre ausgelegte Zusammenarbeit, die sich der Klub 7,5 Millionen Euro Ablöse kosten ließ, stand von Beginn unter einem schlechten Stern.

„Vom ersten Tag an war es nicht so einfach und dann die Situation mit Max Eberl, die mich schon getroffen hat“, erklärte Hütter. Der 52-Jährige war auch unter anderen Voraussetzungen an den Niederrhein gekommen und traf nicht die glücklichsten Entscheidungen. „Ich hätte sicher das eine oder andere besser machen können“, sagte Hütter.

Die Trennung stand bereits am Tag vor dem Spiel fest. Die Mannschaft erfuhr es dann nach dem Spiel gegen Hoffenheim in der Kabine. „Dem Trainer war es wichtig, uns seinen Abschied persönlich mitzuteilen, er hat jeden noch einmal umarmt und schöne Worte gefunden. Wenn ein Trainer seinen Abschied verkündet, ist das nie schön“, sagte Doppel-Torschütze Jonas Hofmann.

Urlaub statt Vorbereitung

„Das war ein sehr emotionaler Moment, der sehr unter die Haut ging“, sagte Hütter, der auch selbst gemerkt hat, dass er wohl doch nicht der „am besten passendste“ Trainer für Borussia ist, wie es einst Eberl angekündigt hatte. „Die Entscheidung ist zu akzeptieren. Ich möchte niemandem im Wege stehen“, erklärte der Österreicher, der stilvoll abtrat.

Die finanziellen Dinge haben sich schnell mit Gladbachs Finanzchef regeln lassen. „Ich möchte Stephan Schippers ein großes Kompliment aussprechen, der in dieser Situation mit meinem Berater eine sehr gute Lösung gefunden hat“, sagte Hütter, der sich erst einmal auf seinen Urlaub freut. „Ich habe noch keinen Plan wie es weitergeht. Das ist auch kein einfacher Tag, weder für mich noch für den Verein.“ (cg/DPA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2022)

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