Wirtschaftspädagogik

Ökonomisch durchdacht handeln

Wirtschaftliche Zusammenhänge sind komplex. Sie zu vermitteln erfordert entsprechendes Know-how.
Wirtschaftliche Zusammenhänge sind komplex. Sie zu vermitteln erfordert entsprechendes Know-how. (c) Getty Images/iStockphoto (Thanumporn Thongkongkaew)
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Was es bedeutet, die Wirtschaft zu verstehen, zeigt sich in der aktuellen weltpolitischen Lage. Umso wertvoller entsprechende Vermittlungskompetenz.

Der Krieg in der Ukraine und die Spätfolgen der Coronapandemie haben Bevölkerung und Unternehmen verunsichert – vor allem wirtschaftlich. Um Panikreaktionen vorzubeugen, riet Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuniversität Wien, kürzlich bei einer Pressekonferenz des Ökosozialen Forums: „Es braucht ein besonnenes Vorgehen und Handlungsprinzipien für den Krisenfall. Die Bundesregierung sollte die Bevölkerung klar und verständlich informieren, verschiedene Anreize setzen und auch motivieren, notwendige effektive Maßnahmen mitzutragen und umzusetzen.“ An der WU Wien wird der Masterstudiengang sowohl als Vollzeit- als auch als berufsbegleitendes Angebot durchgeführt.

In fünf Semestern können die Studierenden von insgesamt 20 Fächern in den drei Bereichen Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftspädagogik und Erziehungswissenschaften jeweils zwei wählen. Damit setzen sie individuelle Schwerpunkte, die ihren Interessen oder Berufswünschen entsprechen. Grundsätzlich steht das Masterstudium an der WU auf zwei Säulen: der Vertiefung des wirtschaftswissenschaftlichen Fachwissens und einer umfassenden Entwicklung des fachdidaktischen Könnens. „Es geht nicht nur um die Förderung des Verstehens von Wirtschaft bei anderen Menschen. Es geht auch darum, sie für die Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Fragestellungen zu motivieren, sie zu ermutigen und zu befähigen, wirtschaftlichen Herausforderungen mit Selbstvertrauen begegnen zu können und Probleme lösen zu können“, sagt Fuhrmann. Und weil der Umgang mit den verschiedenen Zielgruppen auch eine bildungswissenschaftliche Grundlage brauche, bündle das Masterstudium wirtschaftswissenschaftliche, wirtschaftsdidaktische und pädagogische Studieninhalte zu einem umfassenden Programm.

Umfassende ökonomische Kompetenz

Auch für Bernd Gössling ist Wirtschaftswissen viel mehr, als finanzielle und geschäftliche Entscheidungen gut treffen zu können. Er ist am Institut für Organisation und Lernen der Universität Innsbruck tätig und Inhaber der Stiftungsprofessur für Wirtschaftspädagogik mit dem Schwerpunkt Berufsbildungsforschung: „In unserer Disziplin besteht ein sehr breiter Konsens darüber, dass ökonomische Allgemeinbildung und wirtschaftsberufliche Bildung auf die Entwicklung von Kompetenzen zielen.“ Dabei gehe es darum, zu lernen, ökonomisch durchdacht und verantwortbar zu handeln. Das gelte für die selbstorganisierte Arbeit in einem Projektteam, bei der privaten Haushaltsführung oder der Einschätzung wirtschaftspolitischer Debatten ebenso wie für die Nutzung digitaler Plattformen, bei der in vielen Fällen die eigenen Daten zur Ware werden. „In keinem der Fälle wäre Wissen allein tragfähig. Wissen ohne Können wird häufig zu ,trägem Wissen‘, das sich nicht handlungsleitend auswirkt“, fasst Gössling den Forschungsstand zusammen. Das Masterstudium an der Uni Innsbruck wird dort auch als „Profilstudium“ bezeichnet, da es den Studierenden in fünf Semestern ermöglichen will, ein eigenes Kompetenzprofil zu erarbeiten. Hierfür werden neben einem verpflichtenden Kernbereich viele Wahlmodule angeboten, aus deren Zusammenstellung sich zwei Profile ergeben: ein eher auf schulische Tätigkeitsfelder ausgerichtetes und ein eher außerschulisch orientiertes. Gössling nennt als Beispiele für außerschulische Einsatzbereiche die Personalentwicklung oder Ausbildungsleitung, aber auch angrenzende Bereiche der beruflichen Weiterbildung, der Erwachsenenbildung oder der Bildungsadministration, etwa bei den Kammern oder in Bildungsdirektionen.

Die Wirtschaftspädagogik bewege sich zwischen formalisierten Inhalten wie beispielsweise der Buchhaltung und sich ständig verändernden Rahmenbedingungen, sagt Peter Slepcevic-Zach. Er lehrt am einschlägigen Masterstudiengang an der Universität Graz: „Wir versuchen die Studierenden in drei Schritten auf ihren Berufsweg vorzubereiten. Zuerst erwerben sie fachliches, dann didaktisches Wissen. Und dann stellen wir sie vor Herausforderungen, für die es keine standardisierten Lösungen gibt. Aus diesen Irritationen heraus können sie zeigen, was sie gelernt haben und können.“ Deshalb ist es nur schlüssig, dass die Studierenden an der Uni Graz ein sogenanntes E-Kompetenzportfolio erstellen. Mithilfe eines externen Coachs werden sie dabei unterstützt, individuelle Fähigkeiten zu erkennen und so zu beschreiben, dass sie beispielsweise in Bewerbungsgesprächen nicht als bloße Floskel, sondern als individuelle Stärke begründet werden können.

Web:www.uni-graz.at, www.uibk.ac.at, www.wu.ac.at,

www.jku.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2022)

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