Die Partei des Präsidenten Hosni Mubarak errang offiziell achzig Prozent der Mandate. Die Muslimbruderschaft errang kein einziges Mandat und will gegen Mubaraks "Wahlbetrug" kämpfen.
Zwei Tage nach der Parlamentswahl in Ägypten hat die oppositionelle Muslimbruderschaft mit einem Boykott der für kommenden Sonntag geplanten Stichwahl gedroht. Zuvor hatte sich abgezeichnet, dass die regierende Nationaldemokratische Partei (NDP) von Präsident Hosni Mubarak im ersten Wahlgang rund achtzig Prozent der Mandate errang und die Muslimbruderschaft möglicherweise kein einziges. Mohammad Badia, das Oberhaupt der Muslimbrüder, sagte am Dienstag vor der Presse in Kairo, das "Regime" habe das Wahlergebnis manipuliert und sich dadurch "gegen den Willen der Nation gestellt".
Auch unabhängige Beobachter hatten zahlreiche Manipulationsversuche von Seiten der NDP und der Sicherheitskräfte dokumentiert. Allerdings äußerten sich in einigen Wahlbezirken auch Wähler negativ über die Kandidaten der Muslimbrüder und erklärten, sie seien von deren Arbeit als Abgeordnete in der nun endenden Legislaturperiode enttäuscht gewesen und wollten ihnen deshalb jetzt nicht mehr ihre Stimme geben.
Die Muslimbruderschaft ist offiziell verboten. Ihre Anhänger treten deshalb stets als Unabhängige an.
Muslimbrüder in der Stichwahl
Die Fraktion der Islamisten-Bewegung hatte mit 88 Abgeordneten zuletzt die zweitgrößte Fraktion im Parlament gestellt, nach der NDP mit 324 Mandaten. Einige Kandidaten der Muslimbrüder sollen bei der Stichwahl am Sonntag antreten. Es steht jedoch jetzt schon fest, dass die Präsenz der Muslimbrüder im Parlament deutlich schwächer ausfallen wird als bisher.
Unzufriedenheit mit dem Wahlergebnis äußerte am Dienstag auch eine ägyptische Organisation, die sich für die Rechte der koptischen Christen einsetzt. Sie beklagte, dass im ersten Wahlgang nur drei christliche Kandidaten der NDP ein Mandat erhielten. Daran seien die Funktionäre der Partei schuld, die den Kopten keine echte Chance gegeben hätten. Viele Angehörige der christlichen Minderheit in Ägypten sahen in Mubaraks Partei bisher einen Schutzwall gegen eine weitere "Islamisierung" des Staates durch die Muslimbruderschaft.
(APA/dpa)