Morgenglosse

Politiker sperren ist keine Lösung

ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner sorgte mit einem Tweet für Kritik -  in Deutschland sperrte Twitter die Kurzmeldung sogar.
ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner sorgte mit einem Tweet für Kritik - in Deutschland sperrte Twitter die Kurzmeldung sogar.IMAGO/SEPA.Media
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Twitter lässt einen Asyl-Tweet von ÖVP-Generalsekretärin Sachslehner nicht für das deutsche Publikum zu. Das zeugt von einem merkwürdigen Verständnis von Meinungsfreiheit.

„Insgesamt 16.000 Asylansuchen wurden heuer bereits gestellt. Die allermeisten Asylwerber stammen aus Afghanistan & Syrien. Damit leidet Österreich an der pro Kopf zweithöchsten Belastung durch Asylanträge in der EU.“ Dieser Tweet brachte ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner nicht nur scharfe Kritik seitens des grünen Koalitionspartners ein. Sachslehners Text wurde auch noch von Twitter für das deutsche Publikum gesperrt. Grund sei die lokale Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland.

Nun ist Sachslehners Wortwahl nicht gerade eine Meisterleistung, aber eine solche würde man bei Wortmeldungen aus Parteisekretariaten ohnedies selten vermuten. Dass ihr Tweet für das deutsche Publikum gesperrt wurde, lässt aber nur zwei Schlüsse zu. Entweder gibt es in unserem Nachbarland merkwürdige Gesetze. Oder aber noch eher: Twitter sperrt zu leichtfertig Tweets wegen strittiger Äußerungen. Denn Sachslehners Worte müssen jedenfalls unter Meinungsfreiheit fallen. Sie hat ja auch nicht etwa Asylwerber als Belastung bezeichnet, sondern Asylanträge. Und dass Länder mit vielen Asylverfahren finanziell darunter mehr leiden als andere, ist nicht aus der Luft gegriffen.

Aber selbst wenn man Sachslehners Tweet wegen ihrer Wortwahl („leiden“) komplett ablehnen möchte, wäre das kein Grund, diese Äußerung zu untersagen. Wenn man jedem Volksvertreter bei populistischen Äußerungen das Rederecht entziehen würde, wäre es plötzlich ganz still in der Politik. Nun ist Twitter zwar ein privates Unternehmen, aber eines mit marktbeherrschender Stellung. Sperrt man jemanden heutzutage von Facebook oder Twitter aus, beschneidet man die Möglichkeit des politischen Diskurses.

Andere Meinungen beseitigen zu wollen statt zu dulden ist freilich in Mode gekommen. Bei den Wiener Festwochen verweigerte unlängst sogar ein Chor seinen Auftritt, weil auf derselben Bühne ein anderer Künstler sang, dessen Texte der Chor problematisch findet. Man ist aber nicht verantwortlich für Texte, die jemand anderer singt. Sondern nur für das, was man selbst darbietet. So, wie man nicht für Tweets verantwortlich ist, die jemand anderer geschrieben hat.

Politische Auseinandersetzungen muss man führen können, ohne die Meinung des anderen einfach zu beseitigen. Und Laura Sachslehners Äußerungen wird Twitter aushalten.

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