Asyl: Rechtsruck der EU-Volkspartei

Asyl Rechtsruck EUVolkspartei
Asyl Rechtsruck EUVolkspartei(c) AP (Amel Emric)
  • Drucken

Europas Christdemokraten zerreißen Reformvorschläge von Kommissarin Malmström – vor allem die automatische Verteilung von Asylwerbern – in der Luft.

Brüssel. Die Europäische Volkspartei, zu der auch die ÖVP zählt, schlägt in der Asylpolitik einen schärferen Kurs ein und verabschiedet sich vom erst genau vor einem Jahr beschlossenen Ziel eines gemeinsamen Europäischen Asylsystems. In einem Papier namens „Perspektiven des EU-Asylwesens“ lehnen die Christdemokraten den erleichterten Zugang zu Sozialleistungen für Asylwerber als „Anreiz für Primär- und Sekundärmigration“ ebenso ab wie die automatische, gleichmäßige Verteilung von Asylwerbern auf alle 27 EU-Staaten. Nur als letzter Ausweg solle es „auch eine freiwillige EU-interne Umverteilung von anerkannten Flüchtlingen“ geben.

Breitseite gegen die Kommission

In einer Pressekonferenz übten Österreichs Innenministerin Maria Fekter, Schwedens Minister für Asylwesen und Zuwanderung Tobias Billström, der deutsche Innen-Staatssekretär Ole Schröder sowie der Chef der CSU-Abgeordneten im Europaparlament Markus Ferber scharfe Kritik an der EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmström, einer Liberalen.

„Unser wichtigstes Signal ist: Liebe Kommission, produziere keine neuen Papiere, sondern löse lieber die Probleme in der Praxis“, sagte der EU-Mandatar Ferber. „Österreich heißt die Position der Europäischen Volkspartei gegen die Vorschläge der Europäischen Kommission willkommen“, so Innenministerin Fekter. „Denn in den Kommissionsvorschlägen ist kein Gleichgewicht zwischen den Rechten der Flüchtlinge und den Pflichten der Asylwerber. Und wir bedauern es, dass es keine Maßnahmen zum Bekämpfen des Missbrauchs dieses Systems gibt.“

Kommissarin Malmström sagte in einer ersten Reaktion, sie sei gewillt, mit den Mitgliedstaaten zu diskutieren. Ihre Vorschläge, die bestehenden EU-Richtlinien über Asylverfahren und die Bedingungen für die Aufnahmen von Flüchtlingen zu novellieren, waren allerdings schon in den letzten Monaten im Innenministerrat stecken geblieben. Aus der Europäischen Volkspartei kommen derzeit 13 der 27 Staats- und Regierungschefs. Dazu kommen Länder wie Österreich, wo sie zumindest den Innenminister stellt. Sie ist zudem die mit klarem Abstand stärkste Partei im EU-Parlament, das in Asylfragen gemeinsam mit dem Rat Gesetze macht.

Am 2. Dezember 2009 hatten Europas Staats- und Regierungschefs das „Stockholm-Programm“ über die Grundzüge der Innen- und Sicherheitspolitik beschlossen. Darin nennen sie die Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bis 2012 „ein zentrales politisches Ziel“. Die EU-Chefs riefen zudem „zur Entwicklung umfassender und nachhaltiger europäischer Rahmenvorgaben“ auf, „mit denen im Geiste der Solidarität Schwankungen der Migrationsströme angemessen und proaktiv begegnet werden kann.“

Schwedens Seitenhieb auf Fekter

„Seither hatten wir die Wirtschaftskrise“, begründete Billström die Abkehr der Christdemokraten von diesem Ziel. „Die Mitgliedstaaten sind nun weniger geneigt, Zeit, Geld und Ressourcen in dieses Projekt zu investieren.“

Eurostat

Die Bemerkung Fekters, Österreich habe durch die Visa-Liberalisierung für Serben und Mazedonier keine Probleme bekommen, veranlasste Billström zu einem Seitenhieb auf seine Parteikollegin: „Zu der Bemerkung von Frau Fekter, wonach Asyl Asyl ist und Zuwanderung Zuwanderung: Das ist alles gut und schön. Aber wenn die Visa-Liberalisierung dazu führt, dass 5600 Serben in Schweden um Asyl ansuchen, läuft da offensichtlich etwas sehr falsch.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.