Regierungskrise in Italien

Italiens Premier Draghi will seine Regierung retten

APA/AFP/ANDREAS SOLARO
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Der Ministerpräsident hat die italienischen Parteien in einer Rede im Senat aufgefordert, sich geschlossen hinter ihn zu stellen. Die Entscheidung wird spätestens für morgen erwartet.

Italien und Europa können auf eine Fortsetzung der italienischen Regierung unter Mario Draghi hoffen. Nach seinem gescheiterten Rücktrittsangebot ist er doch bereit, Ministerpräsident zu bleiben. In einer Rede im Senat forderte der parteilose Ökonom die zuletzt zerstrittenen Regierungsparteien aber auf, sich geschlossen hinter ihn und die Regierung zu stellen. Der 74-Jährige stellt sich am Mittwoch einem Vertrauensvotum, dessen Ergebnis am Abend erwartet wird.

Draghi hob in seiner Ansprache die Notwendigkeit hervor, die Koalition neu aufzustellen, die seine Regierung bisher unterstützt. "Sind die Parteien zum Neustart des Regierungspakts bereit? Das ist die Antwort, die Sie allen Italienern geben müssen", so Draghi.

"Der einzige Weg - wenn wir noch zusammenbleiben wollen - ist, diesen Vertrauenspakt unter den politischen Kräften der Regierungsmehrheit wieder aufzubauen, mit Mut und Glaubwürdigkeit", forderte Draghi, der im Senat um das Vertrauen der Parlamentarier warb.

"In diesen Monaten war die nationale Einheit die beste Garantie für die demokratische Legitimierung dieser Regierung und ihrer Effizienz", erklärte Draghi laut dpa. Er, der nie von den Bürgern gewählt wurde, brauche die breitestmögliche Zustimmung des Parlaments.

„Ich war noch nie so stolz"

Draghi erläuterte die bisher erreichten Ziele seiner Regierung, die seit Februar 2021 im Amt ist und geschaffen wurde, um das Land aus der Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Krise heraus zu holen. "Ich war noch nie so stolz Italiener zu sein", sagte der Premier.

Der Premier hob die Mobilisierung seitens Bürgermeistern, Wirtschaftsexperten und Bürgern für den Amtsverbleib der Regierung hervor. "Diese Mobilisierung ist präzedenzlos", meinte er. Italien sei stark, wenn es geschlossen sei. Den bisherigen Zusammenhalt der Mehrparteienkoalition, die ihn unterstützt habe, bezeichnete er als "Wunder", auf das er stolz sei. Draghi meinte, die Bedingungen für den Erhalt der bisherigen Koalition seien vorhanden, wenn die Parteien Einigkeit demonstrierten.

Italiens Außenminister Luigi Di Maio nannte die Worte Draghis "tadellos, konkret und weitsichtig". Andere fanden sie kompromisslos. Signale an die Fünf-Sterne-Bewegung (Mitte-Links) und Lega (Rechts) seien ausgeblieben, sagte die Senatorin Julia Unterberger von der Südtiroler Volkspartei. Lega- und Sterne-Politiker sind Teil der Regierung. Von den beiden Parteien hängt die Fortsetzung mit Draghi ab. "Italien braucht Sie, Präsident Draghi, machen sie weiter", sagte Alan Ferrari von den ebenfalls mitregierenden Sozialdemokraten. Die rechtsextreme Oppositionspartei Fratelli d'Italia pochte auf eine vorgezogene Wahl.

In den letzten Wochen war der Zusammenhalt in der Koalition laut Draghi ins Wanken. Der Beschluss der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung, vergangene Woche nicht an einer Vertrauensabstimmung teilzunehmen, bedeute das Ende des Paktes, der die Koalition bisher zusammengehalten habe. Daraufhin hatte Draghi seinen Rücktritt angeboten, Staatschef Sergio Mattarella lehnte diesen jedoch ab und schickte ihn ins Parlament, um sich dort zu rechtfertigen.

Auf Draghis Ansprache am Mittwoch folgt eine mehrstündige Generaldebatte. Im Anschluss findet das erwartete Vertrauensvotum statt. Mit einem Ergebnis ist Mittwochabend zu rechnen. Gewinnt Draghi die Vertrauensabstimmung im Senat, muss er sich am Donnerstag außerdem das Vertrauen in der größeren Abgeordnetenkammer aussprechen lassen.

(red./APA)

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