Morgenglosse

Lasst blassen Rastas ihre Frisur!

Symbolbild: Dreadlocks
Symbolbild: Dreadlocks (c) imago/Müller-Stauffenberg
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Die Auftrittsverbote für Hellhäutige mit Dreadlocks gründen auf bedenklichen Schwarz-Weiß-Mustern.

Wer trotz seiner hellen Hautfarbe die verfilzten Locken trägt, die man als Dreadlocks bezeichnet, darf unsere Bühne nicht betreten: Nach dieser Maxime wurde im heurigen Sommer schon bei drei Veranstaltungen in der Schweiz der Auftritt von Musikern untersagt oder sogar abgebrochen. Welche Ideologie auch immer dahinter stecken mag, das ist arg illiberal und bedenklich. Auch weil es – ganz im wörtlichen Sinn – eine Diskriminierung voraussetzt, eine Fallunterscheidung, die Gott sei Dank nicht zu leisten ist.

Denn es gibt keine Grenze zwischen „Weißen“ und „Schwarzen“. Zwischen blasser Haut und tief dunkler Haut kommt bei Menschen ein Kontinuum an Tönungen vor, das noch dazu nicht einmal eindimensional ist, denn auch die Rot- respektive Gelbtönung ist variabel. Die Hautfarbe ist von etlichen Genen geprägt und kann sich rasch ändern; es ist zurecht nicht mehr üblich, die Menschen nach ihr in „Rassen“ einzuteilen, auch weil solche Einteilungen einiges zu Unterdrückung beigetragen haben.

Es ist eine böse Pointe, wenn just Menschen, die den Kampf gegen Unterdrückung auf ihre Fahnen schreiben, solche Einteilungen neu aufleben lassen. Wie wollen sie strittige Fälle entscheiden? Muss ein Albino einen afrikanischen Abstammungsnachweis vorzeigen, um sein Recht auf Rastalocken glaubhaft zu machen? Werden Türsteher der Zukunft ein Kolorimeter verwenden, um beige Grenzfälle zu entscheiden? Werden mutwillig sonnengebräunte Weiße der Hautfarbenfälschung überführt werden? Und was geschieht mit einem Kreter, der sich frech auf seine Wurzeln in der minoischen Kultur beruft, in der schon eine Art von Dreadlocks getragen wurde und deren Mitglieder wohl einst unter Unterdrückung durch Festlandgriechen litten?

Ja, das mag Polemik sein. Aber Polemik für Akzeptanz von Vielfalt und Verzicht auf ein manichäisches Weltbild. Denken wir nicht in Schwarz und Weiß, und lassen wir Rastas aller Farben ihre Locken pflegen. Das ist mühsam genug.

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