Glaubensfrage

Mission: Impossible?

Was war: ein Großtreffen aller Kardinäle in Rom ohne Ergebnisse. Was kommt: ein Plenum des Synodalen Wegs der Deutschen. Die Kirche droht sich in Gesprächszirkeln zu verlieren.

Man muss nicht unbedingt Heiligenkreuzer sein, also jemand, der im konservativen Kirchenschiff beheimatet ist, um sich langsam ein wenig verunsichert zu fühlen. So viele Treffen von Gremien, Gespräche von Gruppen, synodale Vorgänge, synodale Wege und Ähnliches mehr! Das gab es noch nie in der Kirchengeschichte.

Alles richtig und wichtig, schön und gut, wenn es nicht ausschließlich um eines ginge: die Verfasstheit, die Strukturen, die Ämter und deren Ausformung in der katholischen Kirche. Vor wenigen Tagen erst ist eine große Versammlung der weltweit über 200 Kardinäle in Rom zu Ende gegangen.

Einwurf: Dieses Treffen der Kardinäle wurde übrigens vom Vatikan offiziell nicht (mehr) als Konsistorium bezeichnet. Der Begriff hat eine lange Tradition und geht auf die Zeit der römischen Kaiser zurück. Mag sein, dass das ein kleiner Beweis für das Bestreben ist, sich von historischem Ballast zu befreien. Möglicherweise ein Versuch auch, längst schwer verständlich gewordene Praktiken und Begriffe der Kirche in das Heute zu übersetzen.

Christoph Schönborn, Österreichs Teilnehmer beim Kardinalstreffen, berichtet über intensive Diskussionen in Sprachgruppen und einen Austausch, der „hervorragend“ gewesen sei. Bruchstückhaft bleibt, worüber denn genau die hohen Herren gesprochen haben. Darüber, in welchen vatikanischen Führungsfunktionen Laien zugelassen sein sollen, heißt es – selbst Frauen! Konkrete Ergebnisse, außer dass die Kardinäle hervorragend miteinander diskutieren können, sind nicht überliefert. Wo früher zu viel Papier produziert wurde, manchmal bevor „Beratungen“ überhaupt begonnen haben, wird jetzt gar viel parliert. Die katholische Kirche droht sich selbst – und nicht zu vergessen ihre eigentliche Mission – in allerlei gut gemeinten Gesprächszirkeln zu verlieren.

Deutschlands Kirche hat sich schon völlig verrannt. In wenigen Tagen beginnt die vierte Plenarversammlung beim „Synodalen Weg“. In Frankfurt wiederum gibt es Papier und Konfliktpotenzial zuhauf. Nebenher sinken die Mitgliederzahlen drastisch: In Deutschland liegen die katholische und die evangelische Kirche bereits unter 50 Prozent.
Die gute Nachricht zum Sonntag: Franziskus wird Vorvorvorgänger Johannes Paul I. an ebendiesem Tag seligsprechen (auch ein Begriff, der auf Übersetzung wartet). Er ging in die Kirchengeschichte durch sein 33-tägiges Pontifikat ein, und durch das Lächeln – Albino Luciani, der „lächelnde Papst“. Ein Wort von ihm, das angesichts roher militärischer Gewalt provoziert: „Nicht die Gewalt, sondern die Liebe vermag alles.“ Man muss nicht Heiligenkreuzer sein, um sich berührt zu fühlen.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

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