Iggy Pop

Der Sohn der Atombombe lebt noch

Iggy Pop - die Gegenveranstaltung zu Ed Sheeran.
Iggy Pop - die Gegenveranstaltung zu Ed Sheeran.APA/EVA MANHART
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Packend: Iggy Pop zeigte im Konzerthaus, was er unter „Lust For Life“ versteht.

Was für eine Parallelaktion: Während im Praterstadion der brave 31-jährige Ed Sheeran ein zweites Mal an die 65.000 Menschen um sein Lagerfeuerchen scharte, lud ein 75-Jähriger knapp 2000 Andersgesinnte ins Konzerthaus zum Exzess. James Osterberg heißt er, Iggy Pop nennt er sich, als „runaway son of the nuclear A-bomb“ besang und besingt er sich, und, nein, er ist gar nicht brav. Mögen Freunde der subtilen Melancholie, gestützt auf ein paar ruhigere Aufnahmen, noch so sehr hoffen, dass Iggy Pop im Alter zum Chansonnier wird, live enttäuschte er sie grob.

Es begann mit einigen Takten des tief nächtlichen Jazz seiner großartigen „Free Band“, dann stürzte er auf die Bühne. Zuckend und spuckend, bellend und gellend, offensichtlich in der Hüfte lahmend, doch zum Toben gewillt, ging er sofort zur Sache, in „Five Foot One“, einem Stück aus seiner Midlife Crisis, die auch schon wieder 43 Jahre her ist: Klein sei er, rief er, habe Schmerzen, eine Flasche Aspirin und einen Sack voller Witze. Und er wünsche so sehr, dass das Leben wie ein Pornoheft („Swedish magazine“) sei. Schrie's, riss sich das Sakko vom darunter nackten Leib, griff sich in die Hose . . . Wenn Kunst ein wilder Aufschrei gegen die Hinfälligkeit des Fleisches ist, dann ist Iggy Pop der größte Künstler. Die „Lust For Life“, die er in einem seiner populärsten Songs preist, enthält nicht die kleinste Prise Zufriedenheit, sie ist nackte Gier. Der brüllende Free Jazz, mit der die zwei Bläser seine Rufe weiter anstachelten, kennt keine Wellness-Harmonie.

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