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Medien

Pressestimmen zur Queen: "So etwas werden wir nie wieder sehen"

Was internationale Medien über die Trauerfeierlichkeiten für die britische Königin Elizabeth II. schreiben.

"The Guardian" (London):

"Die Monarchie ist der größte Anachronismus der britischen Gesellschaft. Doch eine Flut von infantilisierender Berichterstattung sowie einige echte Trauer um eine geliebte Monarchin scheinen jede Diskussion über Reformen erstickt zu haben. In einem zerrissenen Königreich sollte das Ableben der Königin jedoch Anlass sein, darüber nachzudenken, was es für ihren Sohn bedeutet, die Nachfolge anzutreten. (...)

Die Monarchie hat nichts Rationales an sich. Wie die Ereignisse dieser Woche gezeigt haben, ähnelt die königliche Familie eher einer Religion, die Emotionen weckt, die mit Logik nichts zu tun haben, sondern mystische Impulse tief in unserer kollektiven Psyche auslösen. Vielleicht hat der Tod der Monarchin eine Welle der Verbundenheit und Solidarität ausgelöst. Aber solche Gefühle können so schnell verschwinden, wie sie gekommen sind. Was bleibt, ist monarchische Macht ohne nennenswerte Rechenschaftspflicht. Der große Erfolg von Elizabeth II. als Königin bestand darin, ihre Machtausübung aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit herauszuhalten, so dass sie nicht durch öffentliche Kontrolle gefährdet war."

"Dagens Nyheter" (Stockholm):

"Für Großbritanniens König Charles hat es nicht gerade hervorragend begonnen. Er könne es nicht ertragen, sagte der Mann, der in eine der mächtigsten und reichsten Familien der Welt hineingeboren wurde und nicht eine Sekunde lang daran denken musste, wie er sich versorgen soll. 'Gott, ich hasse das!' Was ihn störte? Ein tropfender Füllfederhalter, als er seinen Namen in ein Gästebuch schreiben sollte. Diejenigen, die den britischen Regenten über einen leckenden Stift fluchen sehen, glauben kaum ihren Ohren. Hat er nicht für genau diese Rolle fast 74 Jahre lang trainiert? Überlebt die britische Monarchie König Charles?"

"Neue Zürcher Zeitung":

"Ein wichtiger Teil der Faszination gründet in der Geschichte Großbritanniens als ehemaliger Weltmacht, die stets von der Krone repräsentiert wurde. Ohne das Gewicht der Geschichte wäre die Bedeutung des Hauses Windsor nicht zu denken. (...) Dafür, dass diese große Geschichte nicht in Vergessenheit gerät, tun das britische Königshaus, der Staat, die Medien und die Bevölkerung gemeinsam sehr viel. Ohne die tiefe Verbundenheit einer großen Mehrheit der Briten mit ihrer Königin hätte sie nie dieses Ansehen erhalten. Hinzu kommt die sorgfältige Pflege der Tradition. Geschichte und Bedeutung leben auf in großartigen Inszenierungen wie dem zwölftägigen Abschied von Königin Elizabeth. Kein Land kann ein Begräbnis derart bombastisch, würdevoll und ausdauernd in Szene setzen wie Großbritannien. Die Paraden, die bunten Uniformen, die gotischen Bögen der Westminster Abbey - alles fügt sich zusammen zu einem einzigartigen Ereignis."

"Lidove noviny" (Prag):

"Ein solches Staatsbegräbnis haben wir zuvor noch nicht gesehen und werden es auch nie wieder sehen. Wir werden eine Situation nicht wieder erleben, in der die Straßen in London voller trauernder Menschen sind, das japanische Kaiserpaar neben anderen Staatsoberhäuptern mit dem Bus fährt und nur US-Präsident Joe Biden eine Ausnahme für seine gepanzerte Limousine erhält. Es war eine einzigartige Atmosphäre. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass Elizabeth II. die letzte politische Persönlichkeit war, von deren positiver Bedeutung die Mehrheit der Welt überzeugt war. (...) Doch wäre bei uns ein Präsident beliebt, der sich niemals zu irgendetwas politisch äußert? Das ist nur schwer vorstellbar. Es handelt sich um ein Privileg und eine Verpflichtung der Herrscher in konstitutionellen Monarchien."

"Sydney Morning Herald":

"So etwas werden wir nie wieder sehen. (...) Nie wieder werden wir eine solche Zusammenkunft von Staats- und Regierungschefs in der Westminster Abbey erleben. Es ist unwahrscheinlich, dass jemals wieder solche Menschenmassen nach London strömen werden. In den letzten zehn Tagen ist deutlich geworden, dass es bei der Trauer um die Königin um etwa viel Größeres ging als nur um eine gestorbene Monarchin. In vielerlei Hinsicht war es die Durchtrennung unserer Verbindungen zum 20. Jahrhundert und zu einer Lebensweise, die jetzt überholt ist. (...)

Selbst für diejenigen, die von der von ihr geleiteten Institution nicht mehr viel halten oder dies noch nie getan haben, war klar, dass die Königin etwas bedeutete. Sie rief eine emotionale, fast instinktive Reaktion bei Millionen von Menschen hervor, die glaubten, in jeder anderen Hinsicht modern und demokratisch zu sein. Sie verkörperte letztendlich viele Instinkte, die in der heutigen Welt bedroht sind: Anmut, Menschlichkeit und Standhaftigkeit. So etwas werden wir nie wieder sehen."

"Le Figaro" (Paris):

"Obwohl ein strenges Protokoll den Herrscher vom Volk zu entfremden scheint, zeigen die Emotionen, die seit einer Woche zu spüren sind, die Nähe, die die Königin zu den Briten aufgebaut hat. (...) Es ist unbestreitbar, dass ihr Königreich in Stabilität lebte und seine Einheit bewahrte.

(...) Was für ein Theater, werden manche denken. Vielleicht braucht aber jede Autorität - vor allem eine symbolische - ein Theater, um zu existieren. Und das Theater, dem wir in diesen Tagen beiwohnen durften, war sehr stilvoll. (...) England hat mit seinem Prunk und seiner Würde seine Krone wieder aufpoliert und sie wieder salonfähig gemacht."

(APA/dpa)

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