Psychologie

Warum Deadlines besser verschoben werden sollten

Eine nahende Deadline lässt so manche Angestellten verzweifeln (Archivbild).
Eine nahende Deadline lässt so manche Angestellten verzweifeln (Archivbild).(c) Getty Images (Justin Sullivan)
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Die Deadline irgendwie einhalten, das Ergebnis passt dann schon. Zu dieser Herangehensweise neigen viele Menschen - sie stimmt nur nicht, wie Experimente der Harvard Business School zeigen.

Wer kennt das nicht: Die Zusage ist länger her und die Aufgabe eigentlich gar nicht so schwer. Freilich, vielleicht wurde unterschätzt, wie viele Zeit ein Projekt wirklich braucht, und die Ressourcen waren dann doch knapper als gedacht. Jetzt ist sie da, die Deadline, und die Arbeit noch nicht fertig. Doch die Frist nach hinten verschieben? Kommt nicht infrage! Es ist vielleicht stressig, aber mit etwas Einsatz klappt das schon ...

Solche oder ähnliche Situationen sind im Arbeitsalltag häufig. Aus Sorge davor zu langsam oder sogar inkompetent zu wirken, wird nicht beim Vorgesetzten oder beim Auftraggeber um eine Verlängerung der Frist gebeten, sondern versucht das Beste aus der verbleibenden Zeit zu machen. Nicht immer ist das dem Ergebnis zuträglich, wie Experimente der Harvard Business School mit über 4000 Teilnehmenden zeigten.

„Ich brauche mehr Zeit“ 

In der Studie wurden die Versuchspersonen gebeten, binnen zwei Minuten so viele Bilder wie möglich im Detail zu beschreiben. Dabei hatten sie die Möglichkeit auf einen Knopf mit der Aufschrift „Ich brauche mehr Zeit“ zu klicken und somit eine zusätzliche Minute zu gewinnen. Es wurde aber klargemacht, dass eine weitere am Experiment teilnehmende Person davon erfahren würde, und dass diese Person im Nachhinein die Leistung der anderen Person bewerten würde. Unter diesen Voraussetzungen baten die Teilnehmenden deutlich seltener um mehr Zeit, als wenn die bewertende Person darüber nicht in Kenntnis gesetzt wurde.

Die Überschlagsrechnung im Kopf - weniger Zeit, dafür minimal schlechtere Leistung ging nicht wirklich auf. Wer rechtzeitig um eine Fristverlängerung fragt, so das Forschungsteam rund um Ashley Whillans, zeige Selbstkenntnis, und leistet im Endeffekt bessere Arbeit. Jene Teilnehmenden, die die Leistung anderer bewerteten, schlossen zwar bei Fristverlängerung tatsächlich auf geringere Kompetenz, aber nur in gewissem Ausmaß.

Prioritäten klar kommunizieren

Deadlines fördern zwar die Leistungsfähigkeit, trotzdem sei es in gewissen Fällen besser, eine Frist nach hinten zu verschieben: Stress und Ärger könnte so vorgebeugt werden. Vorgesetzten wird im Rahmen der Studie ausdrücklich empfohlen, vorab klare Prioritäten zu kommunizieren. Steht die Qualität des Endprodukts oder die Geschwindigkeit, mit der die Arbeit erledigt wird, im Vordergrund? Nur wenn Qualität priorisiert wird, trauen sich Angestellte auch im Bedarfsfall um mehr Zeit zu bitten - das zeigt ein weiteres Experiment der Studie.

Studierenden wurde die Möglichkeit angeboten, ihre Vortragenden für die Erledigung einer Aufgabe um mehr Zeit zu bitten und den Abgabetermin zu verschieben. Ein Teil der Studierende wurde in dem Glauben gelassen, dieses Angebot sei auf die Kulanz des Vortragenden zurückzuführen, der zweite Teil wurde darüber aufgeklärt, dass diese Möglichkeit offiziell vorgesehen war. In dieser Gruppe trauten sich doppelt so viele Studierende, um mehr Zeit zu bitten. Die formale Regelung minderte die Sorge, einen schlechten Eindruck zu machen.

(chrima)

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