Blue Buildings: Die Zukunft ist blau!

Blue Buildings Zukunft blau
Blue Buildings Zukunft blau(c) GriffnerHaus
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Nachhaltigkeit ist ein Schlagwort, das sich auch in der Immobilienbranche immer mehrdurchsetzt. Doch was steckt hinter dem Label »blue«?

Ist schon der Begriff des Green Building oft verwendet und nie eindeutig definiert worden, so trifft das beim Stichwort Blue Building ebenso zu. Nachhaltigkeit hat immer mit Verantwortung sowie langfristigen Zielen zu tun. Und „blue“? Philipp Kaufmann, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) erklärt: „Es steht nicht nur der Eingriff in die Natur im Fokus. Der Mensch steht im Mittelpunkt, er muss sich in dem Gebäude auch wohlfühlen können.“

Paradigmenwechsel

Bei dem Paradigmenwechsel vom Green zum Blue Building geht es um die Entwicklung weg von der reinen Energieeffizienz hin zu einer gesamtheitlichen Nachhaltigkeit. Ökonomie und Ökologie spielen dabei eine tragende Rolle und auch technische Leistungsfähigkeit, soziokulturelle Aspekte, der schonende Umgang mit Ressourcen und Energie, das Beachten wirtschaftlicher und menschlicher Bedürfnisse. „Der Nutzer eines Gebäudes steht im Zentrum“, meint Kaufmann, der Anfang Dezember mit dem ULI-Award des Urban Land Institutes Germany für nachhaltiges Engagement in der Immobilienwirtschaft ausgezeichnet worden ist. Dem schließt sich auch Thomas Lenzinger, CEO GriffnerHaus, an: „Das Denken, ausschließlich den Energieverbrauch als Faktor zu berücksichtigen, ist abzulehnen. Es ist auch entscheidend, mit welchem Material gedämmt wird.“ Der Energieausweis für Gebäude sei da nur ein erster Schritt. Lenzinger kommentiert: „Die Lifecycle-Kosten sind sehr wichtig. Es geht darum, ein Gebäude in seiner Gesamtheit zu betrachten.“ So meint auch Hubert Rhomberg, Geschäftsführer von Rhomberg Bau, dass Investoren heute bereits eher auf nachhaltige Gebäude setzten. Denn: Ein neues Gebäude mit hohen Betriebskosten sei schlecht weitervermietbar. Dabei seien die Erstinvestitionen für ein „blaues“ Haus nur unwesentlich höher als für einen Energiefresser. Die Lebensqualität der Bewohner stehe laut Rhomberg immer mehr im Fokus. In der Planung könne man beispielsweise schon vorbestimmen, ob ein Stiegenhaus ein Ort der Begegnung wird, oder eher eine kommunikationsfreie Zone. Lenzinger sieht die Situation ähnlich: „Auch die soziale Komponente zählt. Es muss auch Raum geben für Freiflächen, für Kinderspielplätze, eine Anbindung an den öffentlichen Verkehr oder eine gute Nahversorgung gehören dazu.“ Ebenso wie die Flexibilität eines Gebäudes: Kann ein Büro an geänderte Unternehmensbedürfnisse angepasst werden? Will man in der Wohnung alt werden? Machen die vier Wände verschiedene Lebensphasen mit? Kann man nach 20 Jahren die neueste Technik auch wieder einbauen? Diese Fragen entscheiden mit, ob eine Immobilie „zukunftsfähig“ ist.

Den Konsumenten »abholen«

Auf der einen Seite ortet Kaufmann eine steigende Nachfrage für nachhaltige Bauten, auf der anderen Seite sei noch viel Aufklärungsarbeit notwendig. „Die Funktionalität muss passen“, ist er überzeugt. Wichtig sei für den Konsumenten auch die Wahlfreiheit. Die Bewusstseinsbildung sei im Gange, die nötige Ausbildung werde wohl noch dauern, meint Rhomberg: Ein mittelständisches österreichisches Bauunternehmen habe 20 Mitarbeiter – da brauche es eben seine Zeit, bis die neueste Technik auch angewendet wird.

Streben nach einheitlichen Standards

Seitdem das Thema Nachhaltigkeit im Bau an Aktualität gewonnen hat, haben sich in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Standards etabliert. Doch es gibt Bestrebungen, diese zu vereinheitlichen. Eine wichtige Maßnahme in Richtung vergleichbarer Werte sind Environmental Product Declarations (EPDs): Sie sollen Aufschluss über die in Bauprodukten verwendeten Materialien geben und, erklärt Kaufmann, „sie umfassen alle relevanten Baustoffgruppen. So kann man rasch eine Ökobilanz errechnen.“ Die CO2-Belastung ist dabei nur eines von über zehn Kriterien.

Die Entwicklung hin zu ökologisch sinnvollen Gebäuden und einem Bauen mit Verantwortung ist am Laufen – auch was gesetzliche Regelungen betrifft. Die seit 2010 bestehende EU-Gebäuderichtlinie legt für private und kommerzielle Neubauten ab 31.Dezember 2020 sowie für öffentliche Neubauten bereits ab 31.Dezember 2018 hohe Energieeffizienzstandards und den Einsatz dezentraler erneuerbarer Energieträger fest.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2010)

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