Literaturnobelpreis für die Französin Annie Ernaux

"Ich bin nie nostalgisch. Ich schaue einfach analytisch zurück", sagte Annie Ernaux vor wenigen Jahren der "Presse".
"Ich bin nie nostalgisch. Ich schaue einfach analytisch zurück", sagte Annie Ernaux vor wenigen Jahren der "Presse".
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Die renommierte Autorin hatte zum Favoritenkreis gehört. Scham über erlebte Gewalt prägte ihr Leben, sie machte daraus große Literatur.

Sie liegt gerade voll im Trend - und bekommt nun auch den Literaturnobelpreis: die Französin Annie Ernaux. Geboren wurde sie 1940 in der Normandie, in bescheidenen kleinstädtischen Verhältnissen. Seit den 1970er-Jahren veröffentlichte sie autobiografisch geprägte, formal avancierte Werke wie „La Place“ „La Honte“ und „Les Années“ („Die Jahre“). Ernaux sucht in ihrem individuellen das kollektive Gedächtnis, verknüpft in ihren Büchern Autobiografie und soziologische Analyse.

Die Schwedische Akademie hat sie vor der offiziellen Bekanntgabe nicht erreicht, sagte aber: „Wir sind sicher, dass sie die Nachricht bald erhalten wird“.

Scham über erlebte Gewalt prägte ihr Leben. Als Kind erlebte sie 1952 mit, wie der Vater versuchte, die Mutter zu töten. Ernaux machte daraus große Literatur. In einem Interview mit der „Presse“ sprach sie über sexuelle und noch ärgere Tabus, soziale Schande und das Einzige, was ihr an Macron gefällt >> „Das tote Kind war das schlimmste Tabu“

Favorit bei den Wettanbietern war übrigens Michel Houellebecq, das literarische Enfant terrible Frankreichs. Hinter Houellebecq lag die kanadische Dichterin und Essayistin Anne Carson - und eben Annie Ernaux.

2021 bekam - überraschend - ein Sprachartist aus Tansania den Preis: Abdulrazak Gurnah. Im Jahr zuvor überraschte die Entscheidung für die Lyrikerin Louise Glück die literarische Welt (zumindest außerhalb der USA war sie unbekannt). Den letzten Skandal verursachte 2019 die Vergabe an den Österreicher Peter Handke, dessen politische Haltung zu Serbien für viel Kritik sorgte.

Seit 1901 wird der Literaturnobelpreis vergeben, 14 deutschsprachige Autorinnen und Autoren bekamen bisher die renommierte Auszeichnung bisher, zuletzt eben Handke. Zuvor ging sie an Elfriede Jelinek (2004).

(red.)

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