Analyse

Dominik Wlazny, ein Wiener Phänomen

Dominik Wlazny hat Grund zu jubeln. Wie es nun für ihn weitergeht, lässt er aktuell noch offen.
Dominik Wlazny hat Grund zu jubeln. Wie es nun für ihn weitergeht, lässt er aktuell noch offen.APA/Klaus Titzer
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Nicht nur in der Hauptstadt, wo er es auf den zweiten Platz geschafft hat, sorgt der Quereinsteiger für Aufsehen. Rund 30 Prozent der Neos-Wähler wanderten zu ihm – und auch einer ihrer Funktionäre, Niko Alm. Was tut er damit nun?

Der Bierpartei-Gründer hat es geschafft. Das Ergebnis von Dominik Wlazny am Wahlabend blieb zwar deutlich einstellig (8,3) und damit unter den Erwartungen seiner Fans, die ihn gern in einer Stichwahl mit dem Amtsinhaber gesehen hätten. Doch am Montagabend stand fest, dass er es in der Bundeshauptstadt mit 10,7 Prozent tatsächlich auf den zweiten Platz geschafft hat - ohne Geld und Boulevardmedium im Rücken. Dank rund 807 000 ausgewerteter Briefwahlstimmen konnte er letzen Endes den Rechtsanwalt Tassilo Wallentin sogar österreichweit überholen.

Die Stimmung unter seinen Anhängern drehte schon am Wahlsonntag schnell von latenter Enttäuschung auf ausgelassenen Jubel, bis Mitternacht wurde gefeiert. Freuen wird sich auch womöglich Ex-SPÖ-Kanzler Christian Kern, der am Sonntag auf Instagram ein Foto seines Hundes postete, dem er zuvor eine vielsagende Sonnenbrille aufgesetzt hatte. „Heute! Wählen!“, schrieb Kern darunter. Die meisten Kommentatoren deuteten das als indirekte Wahlempfehlung – Wlaznys Kunstfigur Marco Pogo trägt die schwarze Sonnenbrille als Markenzeichen. Ein gemeinsames Bier hatten Kern und Wlazny schon im Wahlkampf auf ihren Social-Media-Kanälen dokumentiert.

Kandidatur bei Nationalratswahl birgt Risiko

Dass Kerns Exfrau Eveline 2016 im Personenkomitee von Van der Bellen werkte, ist ein interessanter Nebenaspekt. Auch, weil Van der Bellen bis am Tag vor der Wahl mächtig gegen den Simmeringer austeilte. Gänzlich unpräsidentiell ließ sich sein Team zu einem derben Slogan hinreißen: „Wer mit Pogo sauft, wacht mit Rosenkranz auf“, stand auf Werbematerial, das noch am Samstag verteilt wurde. Die Nerven dürften blank gelegen sein – ein großes Kompliment für den Turbobier-Sänger. Ein noch größeres ist jenes, das ihm seine Heimatstadt ausrichtet.

Wlazny diente bei dieser Wahl vielen, nicht nur in Wien, als Projektionsfläche, wie die Wählerstromanalyse zeigt: Der größte Anteil seiner Stimmen, 23 Prozent, kam von Wählern, die bei der Nationalratswahl 2019 Neos gewählt haben, dicht gefolgt von Grün-Wählern. Als Protestkandidat schöpfte er auch das Potenzial im Nichtwählersektor aus. Und, obwohl inhaltlich linksliberal ausgerichtet, überzeugte er auch FPÖ-Wähler.

Das wirft die Frage auf, was Wlazny nun vorhat. Die Konkurrenz hält ihn für „extrem überschätzt“ und von einer Twitter-Bubble „hochgepusht“. Tatsächlich münden Erfolge bei der Bundespräsidentenwahl nicht automatisch in den Einzug in den Nationalrat, wie Richard Lugner zeigte, der bei der Hofburg-Wahl 1998 9,9 Prozent erreichte, bei der Nationalratswahl 1999 aber einen totalen Bauchfleck mit 1,0 hinlegte. Wlazny könnte dasselbe Schicksal drohen. Sein Erfolg basiert zu 100 Prozent auf seiner Person, wobei nicht immer klar ist, mit wem man es gerade eigentlich zu tun hat, mit der Kunstfigur Marco Pogo oder mit dem seriösen Politiker.

Anlaufstelle für Neos-Wähler und -Personal

Die Neos sehen in ihm keine ernst zu nehmende Konkurrenz, obwohl die Überschneidungen nicht nur im Wählerstrom festzumachen sind: Niko Alm sitzt für die Bierpartei in Wien-Landstraße im Bezirksparlament; saß bis 2017 aber für die Neos im Nationalrat. Eine grüne Vergangenheit hat Alm ebenfalls: In Niederösterreich kandidierte er 2003 auf der Landesliste, später war er mit einer eigenen Firma für Kampagnen von Van der Bellen tätig. Bei der Wien-Wahl 2020 trat er schließlich für die Bierpartei an.

Eine Nationalratswahl wäre jedenfalls eine ganz andere Baustelle für die Bierpartei. Die Konkurrenz war dieses Mal überschaubar bis nicht vorhanden, rhetorische Schwächen und inhaltliche Lücken konnte Wlazny mit Witz übergehen. In einer Arena voller Politprofis wird er das nicht können. Die Diversität seiner Wähler unter einen Hut zu bringen wird ohnedies herausfordernd – und sie garantiert Streit unter künftigen Funktionären, wie etwa bei der Liste Pilz deutlich zu sehen war.
Wlazny selbst war am Montag für die „Presse“ nicht erreichbar, seine Sprecherin ließ wissen, dass er den Erfolg erst „sacken lassen“ wolle, bevor er über seine nähere Zukunft spricht.

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