Ernährungssicherheit

Welthunger-Index: 193 Millionen Menschen leiden unter akutem Hunger

Ein Archivbild vom 12. Juli 2022 - eine Mutter gibt ihrem Kind Nahrungsergänzung, ein Programm von World Vision, in Loiyangalani, Kenia.
Ein Archivbild vom 12. Juli 2022 - eine Mutter gibt ihrem Kind Nahrungsergänzung, ein Programm von World Vision, in Loiyangalani, Kenia.APA/AFP/SIMON MAINA
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Konflikte, Pandemie, Klimakrise - die Lebensmittelversorgung war schon länger erschwert. Und die Daten wurden noch vor Kriegsbeginn erhoben. Die Preise steigen besonders in ärmeren Ländern. Schlusslicht ist das Bürgerkriegsland Jemen.

Knapp 830 Millionen Menschen müssen weltweit hungern. Das teilte die Welthungerhilfe am Donnerstag bei der Vorstellung des Welthunger-Index 2022 mit. Demnach machen Konflikte, die Klimakrise und die Pandemie zusammen mit strukturellen Ursachen, Fortschritte bei der Hungerbekämpfung zunichte. Der Krieg in der Ukraine habe die Lage noch einmal massiv verschärft. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich die Zahl der weltweit hungernden Menschen von 811 auf bis zu 828 Millionen.

Unter akutem Hunger litten den Angaben zufolge 193 Millionen Menschen. Es wurden Daten bis zum Jahr 2021 ausgewertet, die Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wurden also statistisch noch nicht berücksichtigt. "Der Krieg in der Ukraine – mit seinen Auswirkungen auf die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln, Düngemitteln, Treibstoffen und deren Preise – verwandelt eine Krise in eine Katastrophe", hieß es.

Situation im Jemen am schlimmsten

Für den Index erstellte die Welthungerhilfe eine Rangliste von 121 Ländern, basierend auf den Indikatoren Unterernährung, Kindersterblichkeit sowie Auszehrung und Wachstumsverzögerung bei Kindern. Schlusslicht war das Bürgerkriegsland Jemen, wo 41,4 Prozent der Bevölkerung unterernährt waren. In 35 Ländern wurde die Hungerlage als ernst und in neun als sehr ernst eingestuft. Die höchsten Hungerraten herrschten in Südasien und Afrika südlich der Sahara.

In Lateinamerika und der Karibik galt das Hungerniveau insgesamt als niedrig, zu der Region gehört aber auch das Land, das Platz 116 belegt. In Haiti sind 47,2 Prozent der Bevölkerung unterernährt. In dem Karibikstaat ist die Sicherheits-, Gesundheits- und Versorgungslage so ernst, dass die Regierung die UNO um Hilfe durch eine bewaffnete internationale Truppe gebeten hat.

Chronische Schwachstellen in den Ernährungssystemen

Wie im Welthunger-Index beschrieben, verschlimmern aktuelle Konflikte und Krisen in Haiti und anderswo bereits bestehende Probleme. Weltweit würden chronische Schwachstellen in den Ernährungssystemen offenbart, hieß es in dem Bericht. Die Systeme müssten gerechter, nachhaltiger und widerstandsfähiger gemacht sowie akute Notlagen durch Aufstockung finanzieller Ressourcen abgemildert werden, betonte die Welthungerhilfe. "Es ist unsere Pflicht, jetzt zu handeln."

Auch ein neuer Bericht der internationalen Hilfsorganisation World Vision zeigt auf, wie die massiv steigenden Lebensmittelpreise die globale Hungerkrise verstärken und damit 45 Millionen Kindern der Hungertod droht. "Aufgrund der multiplen Krisen - von Covid-19 über Konflikte und Kriege bis hin zum Klimawandel - sind die Lebensmittelpreise in den letzten Jahren weltweit gestiegen", sagte Mary Njeri, Global Hunger Response Director von World Vision in einer Aussendung. "Die meisten Menschen weltweit erleben derzeit die Auswirkungen steigender Preise. Aber für einige könnten sie in den Tod führen: Über 45 Millionen Kinder sind so stark unterernährt, dass sie verhungern könnten." Die Zahl der akut hungrigen Menschen sei seit Jahresbeginn bereits um 25 Prozent gestiegen.

Im Sudan stiegen die Preise schon 2021 um 143 Prozent

Der Bericht von World Vision zeige zudem auf, dass die Lebensmittelpreise im vergangenen Jahr weltweit um 14 Prozent gestiegen seien. Besonders stark sei der Anstieg in einigen der ärmsten Länder, vor allem in jenen, die auf Importe angewiesen und vom Klimawandel besonders betroffen sind. So stiegen die Lebensmittelpreise seit 2021 im Sudan um 143 Prozent, in Äthiopien um 42 Prozent und in Angola um 33 Prozent. Auf den Salomonen haben sich die Reis- und Milchpreise seit 2021 verdreifacht.

World Vision forderte von der internationalen Staatengemeinschaft, einen sicheren Zugang zur Versorgung mit Hilfsgütern zu garantieren. Zudem müssten Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden, um das Risiko zu verringern, dass sich Hungerkrisen wie diese in Zukunft wiederholen. "Kein Kind sollte im 21. Jahrhundert mehr hungern müssen. Es gibt genug Nahrung auf der Welt. Wir müssen jetzt handeln", appelliert Njeri.

(APA/dpa)

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