Besser als andere war Ungarn in das Kriegsjahr gestartet. Jetzt steigt die Inflation, Wachstum und Forint sind auf Talfahrt.
Budapest. Ungarns nationalpopulistische Regierung protestiert gegen die EU. „Die Brüsseler Sanktionen ruinieren uns“, verkünden in Budapest seit letzter Woche unzählige Plakate, die die missliebigen EU-Sanktionen gegen Russland als Bomben darstellen. Die Aktion stammt von der Regierung, die damit von ihrer eigenen Verantwortung abzulenken versucht.
„Stimmen sie den Sanktionen zu, die für den Anstieg der Lebensmittelpreise verantwortlich sind?“ lautet eine der Suggestivfragen auf den Fragebögen für die „Nationale Konsultation“, die den Ungarn in diesen Tagen wieder in die Briefkästen flatterten. Die EU dient der politischen Führung unter Viktor Orbán einmal mehr als Sündenbock. Dabei wurden die EU-Sanktionen nach der Invasion Russlands in die Ukraine allesamt mit Ungarns Votum abgesegnet. „Warum hat der Regierungschef für die Sanktionen gestimmt, wenn er diese für so schädlich hält?“, spottet die Zeitung „Népszava“. In Brüssel fielen seit 23. Februar für die bisher acht Sanktionspakete gegen Russland insgesamt 20 Ratsbeschlüsse. Tatsächlich waren bei all diesen Entscheidungen ungarische Regierungsvertreter anwesend und stimmten dafür. Orbán will davon heute nichts mehr wissen. Er bezeichnet die Beschlüsse als ein undemokratisches Produkt der Brüsseler Bürokratie.
Besser als viele andere EU-Mitglieder hatte sich der Donaustaat bis zuletzt durch das Kriegsjahr gelotst. Mit einem Wachstum von über fünf Prozent rechnet die Nationalbank für 2022, nachdem es 2021 gar 7,1 Prozent erreicht hatte. Die Löhne stiegen, Arbeitskräfte wurden nach wie vor gesucht: Die Arbeitslosenrate ist auf 3,5 Prozent gesunken.