Die Frankendarlehen der heimischen Schuldner haben sich seit Sommer 2007 um mehr als 20 Prozent erhöht. Besserung ist kurzfristig noch nicht in Sicht, mittelfristig schon.
Wien. Die heimischen Frankenkreditnehmer werden derzeit auf eine harte Probe gestellt. Der Euro hat zum Schweizer Franken zuletzt rasant an Wert verloren und zuletzt einen Kurs von 1,256Franken je Euro erreicht. Ein fallender Euro erhöht die (Buch-)Kreditschuld von Fremdwährungsdarlehen. Seit Sommer 2007 hat sich damit die Schuld eines Frankendarlehens um mehr als 20 Prozent erhöht.
Dass sich die Situation in den nächsten Tagen entspannt, ist nicht zu erwarten. „Der Absturz des Euro ist zu einem Selbstläufer geworden. Wir könnten heuer noch einen niedrigeren Euro-Frankenkurs von 1,22 sehen“, sagt Gerhard Massenbauer von der Censeo Vermögensverwaltung.
Zinsersparnis reichte nicht
Zwar zahlt man bei einem Frankenkredit im Vergleich zum Euro deutlich weniger Zinsen. Der Währungskurs hat sich seit zwei Jahren aber derart verschlechtert, dass man mit dem Franken in einigen Fällen schlechter gefahren ist.
Das verdeutlicht eine Modellrechnung der Raiffeisen-Landesbank Wien-Niederösterreich: Jene Schuldner, die vor zehn Jahren einen Frankenkredit bei einem Kurs von 1,6 aufgenommen haben, haben bisher circa 20 Prozent weniger Zinsen bezahlt. Diese Zinsersparnis beachtet, wären die Schuldner im Franken bisher dann besser gefahren, wenn der Kurs bei über 1,33 liegen würde. Derzeit notiert er aber darunter.
„Banken: Primär Eigeninteresse“
Der aktuelle Währungskurs bringt nicht nur die Kreditnehmer in Bedrängnis, sondern auch die Banken. Steigt der Frankenkurs, müssen die Institute für die Darlehen mehr Eigenkapital hinterlegen – auch wenn der Schuldner gleichzeitig neue Sicherheiten hinterlegen würde. „Das gefällt den Banken gar nicht. Daher steigt die Gefahr, dass sie die Kunden dazu drängen, in einen Eurokredit zu wechseln“, sagt Peter Wageneder von AAA Private Investments. Eine Umwandlung des Frankenkredits in ein Eurodarlehen wäre derzeit eine denkbar schlechte Lösung: Erstens würde man damit die Kursverluste realisieren. Zweitens gibt man den Zinsvorteil auf. Laut gängigen Prognosen wird nämlich die Zinsersparnis im Franken zum Euro in den nächsten Jahren wieder größer werden.
„Die Banken haben primär ein Eigeninteresse. Bevor die Kreditnehmer zur Bank gehen, sollten sie eine unabhängige Beratung mit Sachverstand einholen. Bei dieser Beratung geht es nur ums Kundeninteresse, sie kostet aber Geld“, sagt Gerhard Massenbauer.
Experten empfehlen den Kreditnehmern also, die (Buch-)Verluste auszusitzen. Zwar sehen Chart-Techniker Signale, dass der Euro unter Druck bleiben könnte (siehe Grafik). Fundamental spricht aber auch einiges dafür, dass sich die Gemeinschaftswährung mittelfristig erholen wird. Die Analysten der Credit Suisse etwa sehen den „fairen“ Wert des Euro bei 1,40 Franken. „Mitte des nächsten Jahres werden wir einen Kurs von 1,35 sehen. Auf Dauer hält die Schweizer Wirtschaft einen derart starken Franken nicht aus, da er deren Exporte massiv verteuert“, prognostiziert Massenbauer. Auch Wageneder glaubt, dass sich der Euro bald wieder erholen wird. „Das, was wir nämlich gerade sehen, ist zu 80 Prozent eine Frankenstärke und nur zu 20 Prozent eine Euroschwäche.“ Stärkstes Indiz dafür ist, dass der Franken auch zum US-Dollar stark an Wert zugelegt hat.
Probleme durch neue Steuer
Ein anderes Problem sind die Tilgungsträger, mit denen viele Schuldner ihre Kredite zurückzahlen wollen. Jene Tilgungsträger, die als Ansparfonds ausgelegt sind, werden ab nächstem Jahr durch die neue Kursgewinnsteuer von 25 Prozent belastet. Für diese Kreditnehmer wäre etwa ein Wechsel in eine fondsgebundene Lebensversicherung überlegenswert. Versicherungsprodukte sind nämlich von der neuen Steuer ausgenommen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2010)