Theater

„Diebische Elster“ komisch, tragisch, exzentrisch inszeniert

Tobias Kratzer begeisterte mit „Tannhäuser“ in Bayreuth.
Tobias Kratzer begeisterte mit „Tannhäuser“ in Bayreuth.Priska Ketterer
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Tobias Kratzer inszeniert erstmals in Wien: Rossinis „Diebische Elster“ am MusikTheater an der Wien.

Schmäh hat Tobias Kratzer jedenfalls, in seiner Arbeit wie im Gespräch. Und Chuzpe: Wer sonst hätte überhaupt in Erwägung gezogen, 2008 beim internationalen Regiewettbewerb „ring.award“ in Graz gegen sich selbst anzutreten, in wechselnder Verkleidung als Amerikanerin Ginger Holiday und Bulgare Nedko Morakov? Die Jury merkte lang nichts – und schließlich heimsten der 1980 in Landshut (Bayern) geborene Regisseur und sein Team den ersten Preis und alle Sonderpreise ein: der Traumstart einer internationalen Karriere. Deren jüngster Höhepunkt war die Inszenierung von Wagners „Tannhäuser“ in Bayreuth 2019, eine virtuose multimediale Deutung für Fortgeschrittene, die den Grundkonflikt auf radikal vermenschlichte Weise neu trifft und dabei viel Humor walten lässt, ohne den ernsten Gehalt zu verwässern oder gar zu beschädigen.

Für sein Wien-Debüt, zu dem ihn Stefan Herheim ans MusikTheater an der Wien eingeladen hat, fiel Kratzers Wahl nun auf Gioachino Rossini, jenen Komponisten, der seinerzeit (auch) das Wiener Publikum in Raserei versetzt hat – und Kollegen wie Beethoven oder Schubert vor Neid erblassen ließ. Für Kratzer wird er heute eher unterschätzt: „Er war mit Recht umjubelt. Etwas aus der Mode gekommen ist er, weil er kein psychologischer Komponist ist: Was man ab Mozart und Verdi an innerer Seelenschau erwartet, liefert seine Musik nicht. Dafür ist er ein genauer Beobachter von Beziehungen und gesellschaftlichen Verhältnissen.“ Rossinis Buffa-Werke seien deshalb stärker präsent geblieben, weil man in der Komödie bis heute typisierte Figuren eher zu akzeptieren bereit sei: „Da genügt ein Blick auf die durchschnittliche Hollywood-Rom-Com.“

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