Geschichte

Das verschollene Tagebuch aus Theresienstadt

Die Nazis machten aus dem tschechoslowakischen Städtchen Terezín ein Konzentrationslager.
Die Nazis machten aus dem tschechoslowakischen Städtchen Terezín ein Konzentrationslager. AFP via Getty Images
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In 274 Einträgen schildert der St. Pöltener Baumeister Rudolf Tintner seinen Alltag im KZ Theresienstadt. Er war Leiter der Bautenabteilung des als „Vorzeigeghetto“ propagierten Lagers.

Vielleicht war es der Wunsch, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Vielleicht war es die Angst vor mehr antisemitischen Anfeindungen, die bis in die 1990er reichten. Jedenfalls zeigten sich die Töchter des ehemaligen Stadtbaumeisters von St. Pölten, Rudolf Tintner, bis zu ihrem Tod zurückhaltend, wenn es um Öffentlichkeit für das Schicksal des Vaters im Zweiten Weltkrieg ging. Auch, als Forscher des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs in St. Pölten deswegen anklopften. Sie wollten die Biografie Tintners, der ins KZ Theresienstadt deportiert worden war und hier die Bautenabteilung geleitet hatte, aufarbeiten.
Erst die neue Generation der Nachkommen brachte vor drei Jahren die Forschungen ins Rollen: Sie stellten dem niederösterreichischen Institut das Tagebuch von Tintner zur Verfügung. Eine, wie sich herausstellte, ebenso umfangreiche wie einzigartige Quelle.

Lagerarbeit dokumentiert

Der in Brünn geborene Bauunternehmer und Architekt Rudolf Tintner war jüdischer Abstammung, aber bereits vor dem Ersten Weltkrieg zum Katholizismus konvertiert. Nach den Novemberpogromen 1938 musste er seine Wahlheimat St. Pölten verlassen, sein Besitz wurde „arisiert“. Am 10. März 1944 folgte die Deportation ins KZ Theresienstadt, nachdem es seinen Töchtern davor dreimal gelungen war, ihn aus der Haft zu boxen. Noch aus dem Zug schrieb Tintner eine erste Postkarte nach Hause.

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