Bikinis, Badehosen, Handtaschen, Strand- und Abendkleider: In der von der Kritik gelobten HBO-Serie „White Lotus“ über ein Ferienressort der Reichen und Schönen, hat vor allem die Mode einen ganz großen Auftritt.
Arrogant, oberflächlich, sorglos. So verhalten sich die Figuren in der zweiten Staffel von „The White Lotus“ nicht nur, so kleiden sie sich auch. Während die erste Staffel der HBO-Serie, die in einem Luxusressort auf Hawaii spielte, modisch von Hawaii-Hemden und Blumenhaarschmuck geprägt war, spielen große Sonnenbrillen und farbige Strandensembles die Modehauptrollen in der zweiten Staffel. Kostümdesigner Alex Bovaird wurde für seine Arbeit in der ersten Staffel sogar mit einem Emmy ausgezeichnet.
Besonders authentisch umgesetzt in Ausstattung und Kostüm der Serie ist, wie die jeweiligen Charaktere auf unterschiedliche Art und Weise, mehr oder weniger gelungen, versuchen, die eigene Garderobe an das Urlaubsziel Sizilien, und die dort vermutete italienische „grandezza“ anzupassen. In kräftigen Farben und floralem Print, etwa von Moschino oder Louis Vuitton, äußert sich das bei der wohlhabenden Ehefrau Daphne, gespielt von Meghann Fahy, die gemeinsam mit ihrem Mann und einem befreundetet Ehepaar nach Sizilien reist (siehe Titelbild).

Der Kontrast zwischen ihr und der Anwältin Harper (Aurey Plaza) könnte auch modetechnisch kaum größer sein. Sie überzeugt mit klassischen, unprätentiösen Outfits, ganz nach der gerade auf Instagram gehypten „old money aesthetic“: Leinenblusen, weiße Sommerkleider, Handtaschen von Bottega Veneta und Loewe. Ihr Kleidungsstil sucht bei Schauspielikone Audrey Hepburn Inspiration, außerdem wird in einer Sequenz mit ihr auch Antonionis berümter Film „L'avventura“ referenziert.
Monica Viti ganz in Rosa
Die in „L'avventura“ zu sehende Monica Viti wird dafür an anderer Stelle in der Serie erwähnt: Tanya, gespielt von Jennifer Coolidge, einer der faszinierendsten Charaktere der Serie, überzeugt auch stilistisch durch schlecht gealterten Kleinmädchencharme: Sie trägt Rosa in allen Schattierungen. In einer der lustigsten Szenen der Serie kleidet sie sich, ganz ihrem Stilvorbild Viti entsprechend, in gemustertem Seidenkleid, großen Sonnenbrillen und im Vespa-Fahrtwind flatterndem Schal. Das Ergebnis: Naja. Oder wie es Hotelmanagerin Valentina (Sabrina Impacciatore), eine „echte“ Italienerin ausdrückt: „Sie schauen aus wie Peppa Pig!“

Sie selbst ist ausschließlich in streng geschnittenen Hosenanzügen italienischer Marken, etwa Moschino, Trussardi, Pinko oder Max Mara zu sehen. Ihr strenges Äußeres entspricht ihrer unterdrückten Sexualität und ihrer ausgeprägten Arbeitsethik. Auch bei zwei weiteren Figuren sind Arbeit und Kleidung eng verschränkt: Die beiden jungen, in der Hotelanlage tätigen Sexarbeiterinnen, Mia und Lucia (Beatrice Grannò und Simona Tabasco), geben ihr nachts verdientes Geld gern in einer Filiale der italienischen Premiummarke Liu Jo aus. Im Laufe der Serie durchlaufen die beiden eine stilistische Entwicklung à la Pretty Woman: vom casual Minirock und holzperlenbesetztem Fringe-T-Shirt hin zum glitzernden Abendkleid.
Gen Z auf modischen Abwegen
Für die meisten Diskussionen auf Social Media sorgte allerdings der Kleidungsstil einer weiteren Figur: Portia (Hailey Lu Richardson), die junge, etwas verloren wirkende Assistentin Tanyas trägt bevorzugt gehäkelte Accessoires, Bucket-Hüte und nicht zusammenpassende Retro-Ensembles. Auch Pullunder, Plattform-Sandalen, Perlen-Choker und Batikmuster trägt sie gern, so beispielsweise ein Set aus Schlaghose und zugehörigem Bustier mit psychedelischem Print. Im gediegenen Ferienressort fällt sie dadurch sofort als nicht wirklich zugehörig auf.

Besonders unangenehm aufgefallen ist den Zuschauern ein bauchfrei gekürztes Tommy Hilfiger Poloshirt - Sinnbild ihrer lauten und chaotischen Garderobe, die wie direkt aus dem TikTok-Modeuniversum wirkt. Zu stereotyp, so die Kritik von Menschen, insbesondere jungen Frauen, sei die Darstellung ihrer Generation. Der „Cringe“-Moment, der beim Anblick von Portias Outfits eintritt, ist allerdings genau das, worauf die Serie abzielt, und zeigt, wie gelungen Bovaird auch in dieser Staffel Kostüme Handlungen erzählen lässt.

Dass es eine dritte Staffel geben wird, ist außerdem seit ein paar Tagen bekannt. Sie wird vermutlich in Asien spielen. Da bietet sich wohl auch aus modischer Sicht wieder Möglichkeit, die Untiefen der menschlichen Natur auszuloten.
(chrima)