Literatur

Grete Weil: Geschrieben in dunkelsten Momenten

Ein Schatz aus dem Nachlass: Grete Weils erster Roman „Der Weg zur Grenze“.

Amsterdam im Hungerwinter 1944. Die Alliierten sind bereits in der Normandie gelandet. Doch für Tausende von Untergetauchten und Verfolgten des Naziregimes geht es weiter um die reine Existenz. Während draußen der Vernichtungskrieg in seine letzte, schrecklichste Phase tritt, Essensvorräte immer knapper werden, das Brennholz rapide zur Neige geht, schreibt die bereits 1935 nach Holland emigrierte Deutschjüdin Grete Weil (1906–1999) auf der Speichertreppe eines unscheinbaren Altstadthauses, in dem sie sich seit dem Herbst 1943 versteckt hält, in ein Heft ihren ersten Roman: „Der Weg zur Grenze“. Es ist die von jugendlicher Leidenschaft, Missverständnissen und Schicksalseinbrüchen bestimmte, leicht verfremdete Liebesgeschichte zwischen ihr und ihrem Cousin und Ehemann Edgar, der drei Jahre zuvor im KZ Mauthausen ermordet worden war, und dem sie den Text widmet.

Eingepasst in die Rahmenhandlung, die 1936 spielt und in welcher der gefeierte Jungdichter Andreas von Cornides am Münchner Hauptbahnhof der Mittdreißigerin Monika Merton begegnet, die einen Zug zur bayerischen Grenze nehmen will, um sich auf Skiern in die Schweiz abzusetzen und damit dem Terror im eigenen Land endgültig den Rücken zu kehren, erzählt Weil von ihrer sorglosen Jugend. Als Tochter einer angesehenen und wohlhabenden Münchner Familie hat sie alle Freiheiten, ein selbstbestimmtes und ihren kreativen Anlagen entsprechendes Leben zu führen. Mit 16 Jahren lernt sie Klaus kennen. Aus Freundschaft wird bald Liebe, auch wenn der erste Versuch eines Zusammenlebens in Berlin kurz nach der Heirat an Monikas aufbrausendem Temperament scheitert.

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