Kunstgeschichte

Blut und Hoden: Die Leiber der Künstler

Große Kunst drückt etwas rein Geistiges aus? Von wegen: Wie sehr auch Begierde, Verdauung und Krankheit ihrer Schöpfer einfließen, zeigt ein neues Buch.

„Wo der gelbe Flecken ist und wo der Finger hindeutet, da tut es mir weh.“ Mit einem durchdringenden, grimmigen Blick schaut der 40-jährige Albrecht Dürer den Betrachter aus seiner Zeichnung an. Der Finger weist auf die linke Flanke, mit dem gelben Kreis auf Höhe der Milz. Adressat ist ein in der Ferne weilender Arzt. Und doch ist der Männerakt mit dem sorgfältig wiedergegebenen Bart- und Haupthaar ein meisterliches Blatt. Der Künstler zeigt sich im doppelten Sinne selbstbewusst – bewusst seiner Schaffenskraft und seines leidenden Körpers. Auch noch den Schmerz trägt er als das „Signum seines Weltverhältnisses“, wie Andreas Beyer schreibt.

Der deutsche Kunsthistoriker macht sich in seinem reich bebilderten Buch „Künstler, Leib und Eigensinn“ auf die Suche nach etwas Rarem: den Spuren der Verwobenheit von Kunstwerken und den Körpern ihrer Schöpfer. Er konstatiert: Obwohl bildende Kunst direkt unsere Sinne anspricht, obwohl wir das Gesamtwerk eines Künstlers „Corpus“ nennen, ist doch „die Geschichte der Ästhetik von Leibfeindlichkeit geprägt“.

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