Über mehrere Schulzimmer verteilte Tommaso De Luca seine „machines of danger“, eine ehemalige Schule in dem kleinen Ort Kabelvåg war die Festivalzentrale von LIAF 2022.
LIAF 2022

Schauerbiennale am Polarkreis

Alle zwei Jahre lockt die LIAF-Biennale kulturaffine Menschen in die zerklüftete Landschaft der Lofoten. Vergangenes Jahr setzte das Kuratorenduo Francesco Urbano Ragazzi auf Schauerliteratur, kartografische Landvermessung und mündliche Geschichte.

Eine andere Lofoten-Erfahrene weiß es gleich: Vor der Küste dieser Inselgruppe in Nordnorwegen wirbelt jener Strudel, den Edgar Allan Poe in seiner Erzählung „A Descent into the Maelström“ weltliterarisch und auch gleich im Alltagsvokabular verewigte. Und selbst wenn man nicht tatsächlich in diesen Seewirbel hinunter- oder auch nur nah an ihm vorbeigefahren ist: Die Fahrt im wackeligen Schnellboot von Bodø auf die Lofoten kann, bei schlechtem Wetter, den Besucher auf die albtraumhafte Strudelwirkung vorbereiten, die sich aus Poes Erzählung verbreitet. Und die auch, zumindest oberflächlich besehen, zum Thema der diesjährigen Ausgabe des Lofoten International Arts Festivals (LIAF) passte. Die, wie man sie gern bewirbt, längstlaufende Kunstbiennale Skandinaviens, ein Kulturfestival am Polarkreis, folgte 2022 dem der Schauerliteratur entnommenen Motiv „Fantasmagoriana“, ausgewählt von dem in Venedig ansässigen Kuratorenduo Francesco Urbano Ragazzi.

„Fantasmagoriana“, das ist eine Sammlung deutscher Schauergeschichten, die 1812 erstmals in französischer Übersetzung gesammelt herausgegeben wurden, Anfang des 19.  Jahrhunderts die europäische Intelligentsija beeinflussten und mittlerweile auch im Deutschen als Anthologie vorliegen. Wer nun also Poe zum Einschlafen liest, der hat wahrscheinlich auch mit Mary Shelley seine anhaltende Freude: Der Autorin von „Frankenstein“ kam angeblich die Idee zu ihrem Buch, nachdem sie diese Geschichtenerzählung im illustren Freundeskreis in der Villa Diodati in der Schweiz gelesen hatte. Ebenfalls anwesend und „Fantasmgoriana“ mitlesend: John Polidori, Autor von „Vampire“, Lord Byron und Percy Bysshe Shelley.

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