USA: Bob Gates setzt das Messer an

Gates setzt Messer
Gates setzt Messer(c) REUTERS (HO)
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Der Verteidigungsminister verdonnert das Pentagon zu einem rigiden Sparkurs. Der Afghanistan-Krieg könnte das Vorhaben der US-Regierung freilich gefährden.

Washington. Noch in diesem Jahr, so hat es Verteidigungsminister Robert Gates ein ums andere Mal angekündigt, werde er zurücktreten – sofern ihn nicht die Überzeugungsgabe Barack Obamas umstimmt. Doch eines hat sich der Republikaner, der sein Amt noch unter George W. Bush angetreten hatte, zum Ziel gesetzt: Der Pentagon-Chef fühlt die innere Verpflichtung, das Messer an den ausufernden Verteidigungsausgaben anzusetzen, die als größter Einzelposten ein Fünftel des US-Budgets ausmachen und mitverantwortlich sind für die Explosion des Defizits.

78 Milliarden Dollar, so lautet die Vorgabe des Ministers, soll das Pentagon in den nächsten fünf Jahren einsparen – eine vorbeugende Maßnahme angesichts einer Sparwelle in der US-Politik. Dass er sein Ministerium zu einem rigiden Sparkurs verdonnert, kam deshalb nicht als Überraschung. Dennoch verbreitete sich die Sparparole wie ein Lauffeuer durch die diversen Armeegattungen, von denen insbesondere das Heer und die Marines betroffen sind – und indirekt auch die Rüstungsfirmen, die um neue Projekte bangen. Ein ehrgeiziges Raketenprogramm sowie die Entwicklung eines 13 Milliarden teuren Amphibienfahrzeugs sind bereits ganz storniert, der Bau des F-35-Kampfflugzeugs ist wegen Überschreitung der Kosten vorerst aufgeschoben. Womöglich ordert die Air Force viel weniger Jets als eigentlich geplant.

Keine Tabus

Es gebe keine Tabus: Nicht jedes Verteidigungsprojekt sei notwendig, nicht jedes Programm sakrosankt, sagte Gates. „Wir müssen die Gürtel enger schnallen“, erklärte er in gewohnt nüchternem Ton, während sich bei den Streitkräften erster Widerstand regt. Das US-Militär hat in der Folge des 9/11-Terrors und der Kriege in Iran und Afghanistan Jahr für Jahr eine Steigerung des Etats für selbstverständlich hingenommen. Die Ausgaben haben sich seither verdoppelt.

Doch in Zeiten des allgemeinen Spardrucks und vehementer Forderungen aus den Reihen der Republikaner gerät jetzt auch die Armee ins Visier. Neo-Senator Rand Paul, ein prominenter Vertreter der Tea Party, tritt etwa als großer Sparmeister im neuen Kongress an. Viele republikanische Abgeordnete, traditionell Verfechter einer stolzen und starken US-Armee, werden indes einzelne Programme mit Zähnen und Klauen verteidigen, wenn der Sparstift in ihrem eigenem Wahlkreis ansetzt.

Das Sparkonzept trifft zunächst das Personal. Ab 2015 – also nach dem programmgemäßen Ende des Afghanistan-Einsatzes – soll das Kontingent um 47.000 Soldaten gekürzt werden. Zudem hat das Pentagon einen Einstellungsstopp für Zivilangestellte verhängt. Überdies werden die Gehälter des Zivilpersonals – wie generell der Bundesangestellten – eingefroren.

Weiters geht aus den Plänen des Ministers hervor, dass ein Neuntel der Top-Offiziere eingespart werden soll. Eine bessere Effizienz unter den teils untereinander konkurrierenden Militärgeheimdiensten soll zusätzliches Sparpotenzial schaffen: Jede Waffengattung unterhält einen eigenen Nachrichtendienst. Nicht inkludiert in den Sparplänen sind freilich die anschwellenden Kosten für die Sozialversicherung und die medizinische Versorgung der 1,4 Millionen Soldaten.

Extrabudget für Krieg

Paradoxerweise hat das Pentagon vor der Ankündigung der Sparpläne 1400 weitere Soldaten als Unterstützung der bereits rund 100.000 US-Soldaten nach Afghanistan geschickt. Sie sollen helfen, die anstehende Frühjahrsoffensive der Taliban zurückzuschlagen. Der Afghanistan-Krieg und seine Kosten von jährlich etwa 100 Milliarden Dollar sind ohnedies die großen Unsicherheitsfaktoren in der Rechnung der Militärs. Die Ausgaben für den Irak- und den Afghanistan-Einsatz wurden jeweils per Sonderbudgets beschlossen.

In den kommenden Jahren soll das Budget nur noch entsprechend der Inflationsrate wachsen. Für 2012 hat Robert Gates einen Etat von 553 Mrd. Dollar eingereicht. Gut möglich, dass er dann nicht mehr mit seinem Kopf vor dem Kongress geradestehen muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2011)

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