Lopatka droht Ländern mit Aus für Stabilitätspakt

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MINISTERRAT: LOPATKA(c) APA/ROBERT JAEGER (Robert Jaeger)
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"Mühsamste Verhandlungen", "taube Ohren": Der VP-Staatsekretär rechnet im "Presse"-Interview mit den Ländern ab - und fordert von ihnen einen Sparkurs ein.

DiePresse: Man gewinnt den Eindruck, die ÖVP wird am falschen Fuß erwischt. Da wurde gerade ein Budget-Kompromiss beschlossen und schon fordert die SPÖ eine Steuerreform.

Reinhold Lopatka: Da sind doch nicht wir am falschen Fuß erwischt worden. Das, was von der SPÖ kommt, wie etwa die Forderung nach einer Maschinensteuer, ist ein Griff in die Mottenkiste. Würden wir das umsetzen, wäre das verheerend für den Wirtschaftsstandort Österreich. Wir haben gerade ein Budget beschlossen, mit dem wir bereits Steuern erhöhen mussten. Jetzt will die SPÖ schon wieder die Steuern erhöhen. Das ist absurd. Nun geht es einmal um die ausgabenseitige Sanierung, da können wir gemeinsam viel machen. Da könnte die SPÖ auch aktiv werden.

Ausgabenseitig? Wo genau denn? Ich nehme an, Sie führen jetzt gleich Ihr Lieblingsthema ÖBB an?

Das ist der Bereich, der unglaubliche Summen verschlingt und wo die SPÖ-Gewerkschaft noch großen Einfluss hat. Eine Zahl zum Vergleich: Wir müssen aus dem Bundesbudget 2,1 Mrd. Euro für rund 72.000 ÖBB-Pensionisten aufbringen. Der Zuschuss des Bundes für die ASVG-Pensionisten beträgt 5,23 Mrd. Euro, das sind aber mehr als 1,800.000 Österreicher. Für einen ÖBB-Pensionisten muss der Steuerzahler somit jährlich rund 29.200 Euro aufwenden, für einen ASVG-Pensionisten nur 2900 Euro. Und was macht der neue Chef der ÖBB? Er will nochmals zusätzlich 400 Mio. Euro zu den 7 Mrd. Euro, die die ÖBB ohnehin schon jährlich aus dem Steuertopf absaugen. Und die SPÖ will neue Steuern. So kann es nicht gehen. Mit uns sicher nicht!

Aber abgesehen von der ÖBB gibt es doch noch andere Bereiche?


Die ÖBB sind, wie Sie es formulieren, mein Lieblingsthema, weil es dort das größte Einsparungspotenzial gibt. Aber ich nenne Ihnen gern andere Beispiele: In Wien werden für Pensionsprivilegien, wie der Rechnungshof festgestellt hat, zusätzlich 330 Mio. Euro ausgegeben. In der Steiermark ermöglicht das Pensionsrecht der Gemeindebediensteten bis heute einen Pensionsantritt mit 60 Jahren ohne Abschläge. In Wien sind gerade die Grünen gefordert, etwas zu machen. Die haben sich doch die Generationen-Gerechtigkeit auf ihre Fahnen geschrieben. Die Jungen müssen das zahlen. Wir brauchen da dringend Reformen.

Die ÖVP ist nicht besonders reformfreudig: Die Vorschläge von Gesundheitsminister Alois Stöger haben etwa nicht gerade positive Reaktionen in Ihren Reihen ausgelöst.

Der zuständige Minister trägt die Verantwortung, aber selbstverständlich bekommt Stöger volle Unterstützung, wenn er die notwendigen Verhandlungen richtig führt. Das, was er auf den Tisch gelegt hat, ist vom Ansatz richtig.

Werden Sie ÖBB-Chef Christian Kern unterstützen, wenn er sich bemüht, etwas beim Dienstrecht der ÖBB zu machen?

Natürlich: Wir haben jetzt zwei Jahre ohne Wahlen, jetzt müssen wir handeln! Aber schon zwei Tage, nachdem die letzten Steuererhöhungen wirksam geworden sind, wieder über neue Steuern nachzudenken, ist sicher der falsche Weg!

Aber prinzipiell sind Sie als Vertreter einer angeblichen Wirtschaftspartei schon bereit, über Steuersenkungen zu reden?


Das Thema ist nicht tabu. Aber wir sollten es diskutieren, nachdem wir Strukturreformen umgesetzt haben. Wie schwer das ist, merke ich in den Verhandlungen mit den Ländern über den neuen Stabilitätspakt.

Wie laufen die denn?

Mühsam. Mühsamst.

Inwiefern?

Für die Länder ist es offenbar zwar selbstverständlich, dass sie von allen Steuern ein Drittel bekommen. Aber wenn es darum geht, ihre Ausgaben durch gesetzliche Festlegungen zu begrenzen, wie wir es im Bund getan haben, stoßen wir auf taube Ohren. Was wir an schmerzlichen Sparmaßnahmen im Bund getan haben, müssen auch die Länder machen. Jedesmal, wenn bisher ein Landesbudget beschlossen wurde, wurden stattdessen neue zusätzliche Leistungen eingeführt.

Was wollen Sie dagegen tun?

Für mich kommt ein neuer Stabilitätspakt nur dann in Frage, wenn die Länder überprüfbar und klar bereit sind, ihren Beitrag zur Sanierung zu leisten.

Gibt es Länder, die eher zu solchen Maßnahmen bereit sind?

Nein, die Länder stimmen sich voll ab. Sie haben ein Gesicht – das des Vorarlberger Landeshauptmannes Herbert Sausgruber.

Das ist einer Ihrer Partei.

Das ist einer, der es dem Bund noch nie leicht gemacht hat. Parteizugehörigkeit spielt da keine Rolle, da sind Länderinteressen, die da eindeutig im Vordergrund stehen.

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