Wohntrends

Wild kombinieren, weich liegen

Dank runder Möbel und eines gekonnten, farblich abgestimmten Stil- und Materialienmix soll es in diesem Jahr in Wohnräumen besonders gemütlich werden – ganz im Sinn des „Cocooning“.
Dank runder Möbel und eines gekonnten, farblich abgestimmten Stil- und Materialienmix soll es in diesem Jahr in Wohnräumen besonders gemütlich werden – ganz im Sinn des „Cocooning“. Altenberger Interior Design/Joe Traxler
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Organische Formen, gestaltete Wände, aber auch gewollte Unvollkommenheit und Opulenz: In diesem Jahr ist Individualität bei maximaler Gemütlichkeit gefragter denn je.

Cocooning oder das „neue Biedermeier“ – gerade in den Jahren 2020 und 2021 haben sich die Menschen aufgrund von Lockdowns und Home-Office mehr denn je mit ihren Wohnräumen auseinandergesetzt. Schließlich war man wochenlang fast ausschließlich auf diese zurückgeworfen, von vielen wurden sie als Rückzugsort, als sicherer Hafen, betrachtet, in dem es vor allem um eines ging: sich wohlzufühlen. „Dazu gehört, dass man sich in der Einrichtung wiederfindet“, sagt Interior-Designerin Elke Altenberger. Wohnräume sollen daher weniger an Showrooms erinnern, als vielmehr die Persönlichkeit und Geschichte der Bewohner widerspiegeln. Etwa, indem Lieblingsstücke aus verschiedenen Lebensphasen mit Neuerwerbungen kombiniert werden. Für Altenberger stellt dies auch die neue Qualität des Wohnens dar, es bedeute, „sich vom Mainstream zu verabschieden“. Martin Steininger, Geschäftsführer von Steininger Designers, ist ebenfalls ein Fan solcher Ansätze. „Wir versuchen, jedem Trend aus dem Weg zu gehen und der Individualität der Auftraggeber Rechnung zu tragen“, sagt er. Dies gelte besonders bei langlebigen Elementen. „Bei Dekoteilen kann man ihnen bis zu einem gewissen Grad folgen.“

Weich und geschwungen

Sich so einzurichten, wie es den eigenen Vorstellungen und dem Geschmack entspricht, ist mittlerweile leichter denn je: Denn es gibt nicht mehr nur den einen Trend, vielmehr zeichnen sich mehrere, zum Teil recht unterschiedliche Richtungen ab. So ist der Stil der 1950er-, 1960er- oder 1970er-Jahre genauso gefragt wie Art déco, der Bauhaus- oder der Landhausstil. „Man kann sagen: Erlaubt ist, was gefällt“, meint Altenberger, die diese breite Palette auch darauf zurückführt, dass dank der Globalisierung das Angebot an Möbeln, Stoffen und Accessoires riesig ist. „Wobei diese sehr wohl an den Zeitgeist angepasst und durch Neues ergänzt werden.“

Dennoch gibt es 2023 einige prägende Merkmale: „Was definitiv noch stärker kommen wird, sind organische Formen, Rundungen und Bögen. Sofas sind zunehmend geschwungen, folgen einer weicheren Formensprache“, sagt Stefanie Szöke von Liveyourhome. Heuer würden auch Loungesessel beziehungsweise ausladende Einzelsofas diesen die Gemütlichkeit unterstützenden Formen folgen. Bögen halten Altenberger zufolge noch anderweitig Einzug in Häuser und Wohnungen – sei es in Form von Türöffnungen, sei es bei Tapeten oder etwa Farbeffekten.

Ebenfalls in ist Szöke zufolge ein Trend zur gewollten Unvollkommenheit. „Das beginnt bei Stoffen, die fast schon zerknautscht anmuten und eher locker bezogen werden, und geht bis hin zu Porzellangeschirr, das immer öfter von regionalen Designern in Handarbeit gefertigt wird.“ Dabei werde allerdings auf hohe Qualität geachtet, nur der Look darf nahbarer und „relaxter“ wirken, „wie das zuletzt ja auch in der Mode zu beobachten war“, so Szöke.

Ebenfalls im Blickpunkt stehen 2023 die Wände: „Die Wand wird zur gesamtheitlichen Kunst. Das gilt auch für die Decke“, beschreibt Altenberger. Neben Farben, Täfelungen oder Tapeten setzen Interior-Designer dabei auf Wandleisten und Stuck. „Aber auch Stein, wie etwa Marmor, wird zunehmend beliebter als Gestaltungsmittel. Dabei ist es wichtig, eine harmonische Balance zu schaffen, um den Raum nicht zu kühl oder hart wirken zu lassen“, erklärt die Expertin.

Mix von Materialien

Kein Weg vorbei führt künftig an der Kombination verschiedener Materialien bei Möbelstücken. So werden Sofas beispielsweise mit Holzrahmen und -fußgestellen oder Metallfüßen versehen. Bei Tischen ruhen etwa Platten aus Stein auf Tischbeinen aus Metall. Fans von Luxus und Überschwang dürfen sich ebenfalls freuen: Denn im kommenden Jahr darf es auch opulent werden. Dafür können entweder verschiedene Stilrichtungen gekonnt miteinander gemixt werden, oder man setzt auf die Kombination von warmen Stoffen und Farben mit passenden Accessoires, etwa aus Metall. Angesichts der Tatsache, dass Home-Office in vielen Unternehmen gekommen ist, um zu bleiben, zeichnet sich auch da eine gewisse Tendenz ab. „Büros haben 2023 optisch nicht mehr viel von einem Arbeitsraum, sie werden vielmehr wohnlich“, weiß Altenberger. Freuen können sich übrigens auch die Bewohner von kleinen Wohnungen: „Diese einzurichten war und ist manchmal eine Herausforderung“, weiß Szöke. Mittlerweile hätten das allerdings zahlreiche Sofahersteller erkannt und würden nun flexible Lösungen in Form modularer Sofas anbieten. „So kann das Sofa auch bei einem Umzug ohne viel Aufwand mitkommen und neu kombiniert oder ergänzt werden“, sagt Szöke.

Was Sie beachten sollten beim . . . . . . Einrichten der Wohnung im heurigen Jahr

Trend 1

Stile mischen. Je persönlicher die Wohnung ist, umso wohler fühlt man sich. Dazu braucht es eine Abkehr vom Mainstream und die Kombination unterschiedlicher Epochen und Stilrichtungen – Art déco darf durchaus auf Landhausstil treffen. Auch Materialien bei Möbelstücken werden kombiniert, Tischplatten aus Stein stehen etwa auf Beinen aus Metall.

Trend 2

Runde Formen. Ebenfalls im Sinn maximaler Gemütlichkeit darf im Jahr 2023 ganz auf eine geschwungene Formensprache gesetzt werden. Trendsetter achten darauf, runde und gemütliche Möbel, etwa Lounge-Sessel, oder anderweitig Rundungen in den Wohnraum zu integrieren – etwa als Muster auf Tapeten oder in Form von Türbögen.

Trend 3

Die Wand als Kunstwerk. Weiße, fahle Wände sind im Jahr 2023 nicht gefragt, vielmehr werden sie genauso wie Decken als gesamtheitliche Kunst in den Mittelpunkt gerückt und in Szene gesetzt – mit Farben, Tapeten oder Täfelungen, weiß Interior-Designerin Elke Altenberger. Bei ihr und anderen Kollegen werden Wandleisten und Stuck sowie Stein oder Marmor gern eingesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2023)

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