Leitartikel

Mehr Ernsthaftigkeit im Angesicht des Schreckens

(c) www.BilderBox.com
  • Drucken

Die Causa Teichtmeister hat längst überfällige Debatten angestoßen. Viele Politiker wollen vor allem über höhere Strafen reden. Doch die Diskussion beschränkt sich bisher auf Ausrufezeichen.

Gerecht ist es nicht, aber häufig: Erst prominente Fälle rütteln Politiker und Medien wach für das, was für viel zu viele Albtraum-Alltag ist. Plötzlich bekommen langjährige Forderungen der Experten Gehör und Gewicht.

Am lautesten klingt freilich diejenige, die die Politik selbst erhebt: Die ÖVP will höhere Strafen für den Besitz von Darstellungen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger. Die jetzigen seien „lächerlich niedrig“. Bis zu zwei Jahre Haft sind es bei Darstellungen unmündiger Minderjähriger (bis 14 J.), bis zu ein Jahr bei mündigen (über 14). Ersttäter kommen meist nicht in Haft. Die ÖVP verweist wie so oft auf Deutschland. Dort setzt es ein bis fünf Jahre für den Besitz von Bildern Unmündiger. Auch Grüne und SPÖ sind offen für die Idee (sofern es ein Gesamtpaket gibt).

Doch: Strafrechtler und Kinderschutzexpertinnen widersprechen. Einerseits klingt die Sorge durch, eine Strafverschärfung könnte auf Kosten dringenderer, aber weniger plakativer Maßnahmen gehen (Geld für Prävention, Ermittlung). Andererseits sieht man den Nutzen nicht. Studien belegen: Mehr Strafe heißt nicht weniger Täter. Eine Erhöhung schreckt nicht ab. Das führt zu der Frage: Was muss eine höhere Strafe bringen? Und wenn nicht Prävention, was dann? Der Leiter der Ermittlungsabteilung des Bundeskriminalamts (BK) sagt, höhere Strafen würden die Bewilligung von Telefonüberwachung oder verdeckter Ermittlung ermöglichen. Diese Option gebe es erst bei Strafen über einem Jahr – also konkret nicht beim Besitz von Bildern Mündiger. Eine Nachfrage bei der Vereinigung der Staatsanwälte ergab jedoch: Man hat „keine Wahrnehmung, dass dies bei einem einzigem Fall ein Hindernis bei der Strafverfolgung war“. Auch das BK räumt ein, dass es „nicht brutal viele Fälle“ betreffe und „eine Fußnote“ der Debatte sei. Aber: Man argumentiere halt stets für höhere Strafen, weil das Befugnisse brächte.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.