Theater

Ibsen und die Klima-Apokalypse

Kein Politiker, sondern eine Politikerin (Bettina Kerl mit hündischem Gefolge) sorgt hier dafür, dass trotz verseuchten Wassers das Kurbad offen bleibt.
Kein Politiker, sondern eine Politikerin (Bettina Kerl mit hündischem Gefolge) sorgt hier dafür, dass trotz verseuchten Wassers das Kurbad offen bleibt.Franzi Kreis
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„Ein Volksfeind“ wird im Landestheater St. Pölten zum Ökodrama, Gott sei Dank nicht nur: Im Zentrum bleibt, wie Mehrheiten mit unliebsamen Wahrheiten umgehen.

Ich habe eine Sehnsucht nach der nächsten Katastrophe. Denn wenn wir gemeinsam leiden, fällt dieses Unbehagen ab . . .“ So singt die junge Petra am Ende von „Ein Volksfeind“ im Landestheater St. Pölten aus einem Lied der österreichischen Musikerin Eva Jantschitsch. Petras Vater, der Badearzt Thomas Stockmann, ist in einer Bürgerversammlung seines Heimatorts zum „Volksfeind“ erklärt worden, weil er ein wissenschaftliches Gutachten nicht vertuschen will: Das Wasser des Kurbades, auf dem die Hoffnungen der Stadt ruhen, ist verseucht.

Auch wenn der Öko-Aspekt in Ibsens Stück nicht im Zentrum steht, ist er ein Grund dafür, dass es derzeit auf und ab gespielt wird, von Frankfurt über Stuttgart bis Wien, jetzt auch St. Pölten. Umweltschützerin Petra als Vorläuferin heutiger Klimaaktivisten darzustellen liegt dabei auf der Hand. Regisseurin Anne Bader setzt aber auch die Entwicklung von Petras Vater in Beziehung zu einer heutigen Lust an der Apokalypse. „Es ist nichts daran gelegen, wenn eine lügenhafte Gesellschaft zugrunde geht“, heißt es etwa in Stockmanns Rede in der Bürgerversammlung, die zu seinem Ausschluss als „Volksfeind“ führt, „möge das ganze Volk hier ausgerottet werden!“ Das ist durch politische Desillusionierung aus dem naiven Optimisten geworden, der glaubte, er werde bei seinem Kampf für die Wahrheit natürlich „die geschlossene Mehrheit“ hinter sich haben.

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