Lawinen

Bergretter: „Können nicht noch mehr warnen“

In Tirol waren die Bergretter am Wochenende im Lawinendauereinsatz: Hier bei einer Bergungsaktion in Fieberbrunn.
In Tirol waren die Bergretter am Wochenende im Lawinendauereinsatz: Hier bei einer Bergungsaktion in Fieberbrunn. APA/ZOOM.TIROL
  • Drucken

Acht Menschen starben am Wochenende unter Schneemassen. Experten orten Selbstüberschätzung.

Innsbruck. Die Bergretter waren am Wochenende im Dauereinsatz: Im Westen des Landes folgten Schlag auf Schlag die Meldungen über Lawinen, zahlreiche Menschen wurden unter den Schneemassen begraben – mindestens acht von ihnen konnten nicht mehr lebend geborgen werden. Acht Lawinentote: Das ist die traurige Bilanz des ersten Ferienwochenendes.

Auf insgesamt drei Todesopfer im Zillertal, im Kleinwalsertal und im Ötztal folgte ein tragischer Unfall im Debanttal in Osttirol: Dort riss ein Schneebrett am Samstagvormittag einen Schneepflug mit. Der 59-jährige Lenker war mit der Schneeräumung beschäftigt gewesen und wurde von der Lawine aus seinem Traktor geschleudert. Erst am Abend wurde er nach einer Suchaktion tot aufgefunden, zehn Meter neben seinem Fahrzeug.

Nur der Hund kam zurück

Die meisten Unfälle sind freilich am Berg passiert: In Längenfeld im Ötztal starb am Sonntag ein Wintersportler, obwohl er von seinen Begleitern aus den Schneemassen gerettet werden konnte. Drei weitere, die seit Samstag vermisst worden waren, konnten nur noch tot geborgen werden: ein 62-jähriger Österreicher, dessen Hund allein von der Skitour bei Kaunerberg zurückkam, sowie ein Skiführer und dessen österreichischer Gast, die in St. Anton am Arlberg abseits der Piste unterwegs gewesen waren.

Dass die Situation nicht ungefährlich war, war bekannt: Starke Schneefälle und Wind ließen die Lawinengefahr in Vorarlberg und Tirol ansteigen. Die Lawinenwarndienste aus beiden Bundesländern appellierten an die Wintersportler, Vorsicht walten zu lassen, in höheren Lagen herrschte verbreitet Lawinengefahr der Stufe vier auf der fünfteiligen Skala. „Die Gefahrenstellen sind weitverbreitet und auch für Geübte kaum zu erkennen“, hieß es am Sonntag in Tirol.

Die Lawinenexperten scheinen angesichts dessen mitunter etwas frustriert. So ortete Patrick Nairz vom Tiroler Lawinenwarndienst nach den vielen Unfällen am Wochenende Leichtsinn und Selbstüberschätzung bei den Wintersportlern: Man könne einfach nicht noch mehr vor der gefährlichen Lawinensituation warnen, als man es in den vergangenen Tagen getan habe. „Es besteht eine Holschuld der Wintersportler.“ Verbieten könne man als Lawinenwarndienst auch Skitouren bei Stufe vier nicht, aber man rate dezidiert davon ab.

Primär wäre es bei solchen Verhältnissen dringend angeraten, „Verzicht zu üben“ und sich nicht in die Berge abseits der Pisten zu begeben, so Nairz. Man könne so viele andere Dinge im Tal unternehmen: „In die Sauna gehen oder was auch immer.“ Oder eben auf den gesicherten Pisten bleiben. Rund eine Woche lang bleibe die Situation noch prekär, auch wenn mit Montag die Lawinengefahr auf Stufe drei sinke: Bei der Gefahrenstufe passieren erfahrungsgemäß die meisten Lawinenereignisse.

Entscheidende 15 Minuten

Im Schnitt enden laut dem Eurac-Institut für Alpine Notfallmedizin 23Prozent der Lawinenunfälle tödlich. Bei teilweise Verschütteten sind es vier Prozent, wer gänzlich von Schneemassen verschüttet wird, hat deutlich schlechtere Chancen: In diesen Fällen sterben mehr als die Hälfte (52,4 Prozent). Die rasche Rettung ist entscheidend: Nach 15 bis 20 Minuten unter der Lawine sinken die Überlebenschancen rapide.

(APA/beba)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.