Die grüne Wiener Stille

Analyse. Seit dem Eintritt in die Stadtregierung ist von den Grünen wenig zu hören. Das hat seinen Grund.

Wien/Stu. Nach dem Jubel über den Sprung in die Wiener Stadtregierung beginnen für Maria Vassilakou die Mühen der Ebenen. Dazu gehört die Ochsentour durch die eigenen Ressorts, also das Schütteln unzähliger Hände, das Führen von hunderten Gesprächen und auch der Besuch von Weihnachtsfeiern der Abteilungen.

In anderen Worten: Vassilakou befindet sich mitten in der Einarbeitungsphase. Und diese kann lange dauern, hat Bürgermeister Michael Häupl ihr doch bei den Koalitionsverhandlungen zwei riesige, aber auch undankbare Ressorts überlassen: Verkehr und Stadtplanung. Beides sind Bereiche, die bisher nicht zur Kernkompetenz Vassilakous gehört haben, die sich stark auf die Themen Integration, Umwelt und Armut fokussiert hat. Die Planung wurde bisher von Gemeinderätin Sabine Gretner abgedeckt, der Verkehrsbereich von Gemeinderat Christoph Chorherr, die ihrer Chefin natürlich beratend zur Seite stehen. Aber den Unmut von Autofahrern zu besänftigen, die wütend gegen Baustellen und Staus protestieren, dürfte für die grüne Führungsspitze jedenfalls eine neue Erfahrung sein.

Das hat die FP auf die Idee gebracht, an neuralgischen Staupunkten gelegentlich Zettel mit Kontaktdaten der Neoverkehrsstadträtin zu verteilen – um den Zorn der Autofahrer direkt auf Vassilakou zu lenken.

Fischen im Wählerteich

Dazu kommt: Die Grünen beziehen ihre Machtbasis stark aus Bürgerinitiativen. Somit müssen viele Fronten befriedet werden – nachdem viele von den Grünen enttäuscht sind, weil trotz Regierungsbeteiligung viele Forderungen nicht erfüllt werden (können) – Stichwort Augarten. Die VP schürt genüsslich diesen Konflikt, indem sie den Bürgerinitiativen offensiv Hilfe anbietet – mit den ursprünglichen Versprechungen der Grünen.

In anderen Worten: Für Vassilakou ist es eine gewaltige Aufgabe, sich in diesen (für sie) großteils unbekannten Ressorts einzuarbeiten, während die Opposition mit (mehr oder weniger) Engagement versucht zu zündeln. Von der Länge der Einarbeitungsphase und der Dauer des Umdenkprozesses von der Oppositions- zur Regierungspartei wird es abhängen, wann die grüne Stille zu Ende sein wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2011)

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