Die blaue Wiener Stille

Analyse. Die FPÖ ist auffällig unauffällig. Sie setzt derzeit (ausgerechnet) auf die Alexander-Van-der-Bellen-Taktik.

Wien. Die FPÖ setzt seit ihrem Wahltriumph am 10.Oktober auf die alte, bewährte Taktik der Grünen: Nur nicht bewegen, dann steigen die Umfragewerte automatisch. Die von Parteichef Heinz-Christian Strache groß angekündigten Protesttage gegen die rot-grüne Stadtregierung laufen unter der öffentlichen Wahrnehmungsgrenze.

Damit bewahrheitet sich, was der „Presse“ vor der Wien-Wahl in FP-Kreisen prophezeit wurde: „Wir brauchen nichts machen. Niemand erledigt unsere Arbeit so gut wie die Große Koalition.“ Nachsatz: „Und das Sparpaket wird uns weiter enttäusche Wähler zutreiben.“ Damit beschränkt sich die FPÖ derzeit darauf, möglichst wenig zu tun, möglichst wenig Fehler zu machen und geduldig auf jene Wähler zu warten, die die Performance der Großen Koalition ihr in die Arme treibt.

Es gibt einen zweiten Grund, weshalb Stille herrscht. Nach dem Wahltriumph hat sich die Zahl der FP-Gemeinderäte auf 27 fast verdoppelt. Diese Mandatare müssen sich erst einmal einarbeiten. „Es ist etwas anderes, Bezirkspolitik zu machen, als in einem Ausschuss zu sitzen und massenhaft Aktenberge studieren zu müssen“, heißt es bei den Freiheitlichen.

Warten auf rot-grüne Aktionen

Was die Einarbeitungsphase erleichtert: Derzeit gibt es nur zwei politische Debatten – eine Schul- und eine Bundesheer-Debatte. Beide spielen sich auf Bundesebene ab und behelligen die Wiener FP-Mandatare nicht. Dazu bremst die geringe Aktivität der rot-grünen Stadtregierung die FPÖ. „Solange von Rot-Grün keine Aktionen kommen, tun wir uns mit unserer Agitation schwer“, ist zu vernehmen.

Derzeit hat die FPÖ sowieso andere Probleme. Nachdem sich die Zahl der Mandatare fast verdoppelt hat, braucht man mehr Platz. „Weil die Leute bei uns schon übereinander sitzen und ein vernünftiges Arbeiten schwierig ist“, ist zu hören. Doch die Expansion ist nicht einfach. Der Klub ist räumlich zwischen den Stadtratsbüros von Ulli Sima und Sandra Frauenberger eingekeilt. Und beide zeigen bei Verhandlungen mäßige Begeisterung, Teile ihres Bürotrakts an die FPÖ abzutreten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2011)

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