Gastbeitrag

Unser Geld für Putins Krieg

Zumindest der „Energiekrieg“, den Putin gegen den Westen führt, scheint für Russland verloren. Und was macht Österreich?

Der Autor:

Lukas Sustala (*1986) ist studierter Volkswirt und Direktor des Neos Labs, der Parteiakademie der Neos.

Die Situation, in der sich die Bürger in Westeuropa befinden, bezeichnete der Historiker Timothy Garton Ash kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine als „tragisch“: Mit ihrer Gasrechnung bezahlen sie für einen blutigen Krieg, den sie nicht wollen.

Nun ist bald ein Jahr vergangen. In der Ukraine zeichnet sich eine neue Phase des Krieges mit neuen (Gegen-)Offensiven im Osten ab. Wenn es so etwas wie eine gute Nachricht gibt, dann lautet sie wohl, dass zumindest der „Energiekrieg“, den Wladimir Putin gegen Westeuropa führt, für Russland verloren scheint. Denn die Situation auf dem Energiemarkt stellt sich neu dar. Auch dank eines milden Winters und hoher Gasreserven wurde der Winter 2022 glimpflich überstanden. Und das mit deutlich weniger russischem Pipeline-Gas als bisher. Im November 2022 importierten die EU-Länder nur noch 12,9 Prozent ihres Erdgases aus Russland, 2020 waren es noch 51,9 Prozent.

Doch in Österreich ist die Situation mittlerweile anders: Nach Monaten, in denen Russland seine Gaslieferungen auch nach Österreich massiv drosselte, importieren wir wieder mehr russisches Gas. Auch wenn die E-Control nicht veröffentlicht, wie genau sich die absoluten Importe entwickeln, schätzt sie, dass im Dezember 2022 wieder rund 71 Prozent des importierten Gases aus Russland stammten. Und die Statistik Austria schätzt, dass im Winter 2022 erstmals in nur einem Monat Gas im Wert von einer Milliarde Euro importiert wurde.

Befindet sich Österreich also immer noch in der „tragischen Situation“? Haben wir keine Alternative zu „Unser Geld für Putins Krieg“? Die Regierung hatte im Juli 2022 mit der OMV gejubelt, als 40 Terawattstunden Leitungskapazitäten für alternative Quellen, etwa aus Norwegen, gebucht wurden. Doch nun zeigt sich: Wenn die OMV bestellt und Gazprom liefert, dann fließt eben wieder russisches Gas. Für den Fall eines russischen Lieferausfalls gibt man sich also gerüstet.

Doch eine aktive Diversifikationsstrategie sieht anders aus. Dann müsste nämlich wesentlich klarer im Fokus stehen, den Anteil russischer Gasimporte zu senken und die Unabhängigkeit durch Einsparungen beim Gasverbrauch sowie mehr eigene Energieproduktion zu erreichen. In beiden Fragen hinkt Österreich aber dem europäischen Schnitt hinterher. Die eigene Stromproduktion etwa litt unter der Trockenheit im Sommer. Der Gasverbrauch wurde daher nur unterdurchschnittlich gesenkt, und das, obwohl die ersten Wintermonate historisch mild waren.

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Eine absurde Situation

Österreich stützt in großem Ausmaß die russische Kriegswirtschaft, während die EU versucht, diese mit allerlei Sanktionen zu schwächen. Würde Österreich aktiv diversifizieren wollen statt nur abzusichern, müsste man auch rechtlich Neuland betreten. Denn die Langfristverträge zwischen Gazprom und OMV werden aktuell nur zu gern als Vorwand genutzt, um halbherzig Energiepolitik zu machen. Wirklich günstiger kommt das alles Österreich übrigens nicht: Nicht nur die Inflationsrate ist hierzulande längst höher als im Euroraum, auch der europäische Haushaltsenergiepreisindex zeigt an, dass die Gaspreise um 65 Prozent höher sind als im EU-Schnitt.

Für die Winter 2023 und 2024 wird eine derart passive Position nicht reichen. Die Speicher sind aktuell noch voll mit russischem Gas. Ob das im kommenden Jahr auch so sein wird, ist offen. Das Gebot der Stunde sind daher Einsparungen, wo sie ökonomisch sinnvoll sind, gepaart mit einer Energiepolitik, die Alternativen mobilisiert, statt zu bremsen. Sonst verharrt Österreich durch Stillstand in der „tragischen Situation“.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2023)

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