Die Ich-Pleite

ChatGPT ist auch noch frech

Carolina Frank
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Die ChatGPT ist schon beeindruckend. Alles kann sie aber doch nicht, zum Beispiel eine gute Schlusspointe.

Die künstliche Intelligenz ist wie ein überbegabtes Kind, dem man Bauklötze schenkt, und im Handumdrehen hat es ein ganzes Wohnviertel mit Schulen, Kindergärten und Einkaufszentren gebaut. In der University of Pennsylvania soll eine KI neulich eine Abschlussprüfung bestanden haben. Viele menschliche Studierende haben damit Probleme. Und wer kann da helfen? Natürlich eine KI! Sie heißt ChatGPT, obwohl man sie eigentlich CheatGPT nennen könnte. Wobei sich die KI zu einem herkömmlichen Schwindelzettel verhält wie ein Feuerstein zu einem Atomkraftwerk. Denn das neue Programm kann alle Aufgaben lösen. Von der Kurvendiskussion bis zur Gedichtinterpretation, von der Eignungsprüfung bis zu Masterarbeit. Fehlerfrei natürlich.

Daran können die Lehrenden wenigstens erkennen, dass es die KI geschrieben hat. Eigentlich ein Albtraum für Unterrichtende. Andererseits hat ChatGPT einen ­Multiple-Choice-Test in fünf Minuten erstellt. Man selbst sitzt vielleicht fünf Stunden daran und hat nicht halb so kluge Antworten gefunden. Nutzen kann das Programm jeder. Man muss es nur downloaden. Das schafft sogar ein Digital-Dino wie ich. Die Bedienung ist einfach. Man muss dem Programm nur eine Frage stellen, zum Beispiel: „Schreibe eine Kolumne über ChatGPT, in der die Ich-Person zum Schluss auf die Nase fällt.“ Das probiere ich gleich aus. Los geht’s!

Sie schreibt schon. Ein paar Informationen, ein paar Witzchen. Ich muss sagen: Ich bin beeindruckt. Die Kolumne könnte fast von mir sein. ­
Nur die Schlusspointe fehlt. Na ja, alles kann eine KI eben doch nicht. Ui, da steht: „In Zukunft wird es keine Kolumnistinnen mehr brauchen. Die Zeitschriften können sich mit dem ersparten Geld mehr schöne Fotos kaufen.“ Und frech ist sie auch noch!

("Die Presse Schaufenster" vom 17.02.23)

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