Hilfe für Asylwerber bei Schadenersatz

Derya Altinisik hat sich durch den Gesetzesdschungel gearbeitet, Betreuungsansprüche von Flüchtlingen untersucht und erarbeitet, wie man diese geltend machen kann.

„Auch im Bereich der Altenbetreuung hat es erst massenweise Skandale geben müssen, bevor der Gesetzgeber etwas gemacht hat“, sagt Derya Altinisik. Im Falle von Flüchtlingen hat der Gesetzgeber nun zwar Grundversorgungsgesetze mit einem überschaubaren Leistungskatalog geschaffen. Aber es wurde nicht geregelt, wer wofür haftet, wenn bei Anwendung dieser Gesetze der Betroffene geschädigt wird. Solche Antworten finden sich nicht im Asyl- und Fremdenrecht, sondern vielmehr im Zivilrecht. In ihrer Dissertation (Uni Innsbruck, Institut für Zivilrecht und Institut für Verfassungsrecht, Betreuer: Michael Ganner und Karl Weber) wollte Altinisik herausfinden, wie Betroffene ihre Betreuungsansprüche (zivilrechtlich) geltend machen und für erlittene Schäden Ersatz bekommen können. Solche Schäden entstehen etwa, wenn Betreuungsleistungen zu Unrecht nicht gewährt werden oder wenn NGOs Leistungen erbringen, die eigentlich die zuständige Behörde zu erbringen hätte. „Die Betroffenen wissen meist nicht, worauf sie Anspruch haben, obwohl das nach EU-Richtlinien geregelt und mithilfe des Zivilrechts auch gerichtlich durchsetzbar ist.“

Grundsätzlich sei die Gesetzgebung betreffend die Betreuung von Flüchtlingen in Österreich viel zu undurchsichtig: Nicht alle Ansprüche sind eindeutig geregelt. Das erschwert den Betroffenen den Zugang zu ihren Rechten. „Die Regelungen sind eine Denksportaufgabe“, so Altinisik. Außerdem fürchten Flüchtlingsheimbewohner (zu Unrecht), dass, wenn sie ihre Ansprüche zivilrechtlich einklagen, dies Auswirkungen auf das Asylverfahren hätte. „Es bräuchte eine unabhängige Instanz, die sich solcher Fälle annimmt, ähnlich der Tiroler Heimanwaltschaft für Fragen der qualitativen und gesetzmäßigen Altenpflege.“ Denn während sich im Bereich der Altersheime die Situation stark verbessert hat, passieren in den Flüchtlingsheimen noch viel zu viele Dinge, „die nicht passieren sollten“. Etwa als 2004 in Traiskirchen Berichten zufolge eine Asylwerberin vergewaltigt worden sein soll. Ihr Kampf um Schadenersatz ging durch die Medien. Abseits der Öffentlichkeit passieren aber weiterhin Diskriminierungen und Herabwürdigungen. Hier sollte der Gesetzgeber Maßnahmen setzen, um solche Vorfälle zu vermeiden. Altinisik bietet nun in ihrer Dissertation einen Leitfaden zur Prüfung der einzelnen zivilrechtlichen Ansprüche von Betroffenen an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2011)

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